Mutworte - Anna Schreiber
Kooperation setzt Bereitschaft voraus

Foto: privat

„Der Mann (43) meiner Freundin (39) hat sich von ihr getrennt. Anfangs verlief noch alles recht fair, doch jetzt zieht seine Anwältin die finanziellen Daumenschrauben an. Bisher habe ich immer für Kooperation appelliert, doch jetzt werde ich unsicher, ob das noch der richtige Weg ist.“
Ihre Frage zeigt ein Dilemma: Ist Kooperation und Fairness immer und in jedem Fall der gute Weg? Gibt es Situationen, in denen diese Haltung an ihr Ende gelangt und eine „härtere“ Gangart angesagt ist?
Trennung ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess. Es dauert. Wenn im Zuge dieses Geschehens der eine Partner abrupt seine bisherige Fairness aufgibt, das Verhalten kompromisslos bis hin zu „bösartig“ wirkt, dann ist dies meist Einflüssen geschuldet – alte Verletzungen oder Einflüsse anderer Menschen – und nicht einem nun ans Tageslicht kommenden „wahren“ Charakter.
Doch was tun? Wichtig ist die Unterscheidung von Verhaltensebene und Herzebene: Unterstützen Sie Ihre Freundin, dass sie für sich und ihre Position eintritt. Und unterstützen Sie sie zeitgleich, dass sie sich immer wieder an die Liebe erinnert, die sie zu ihrem früheren Mann hatte, und auch im anwaltlichen Scharmützel die Liebe der Kinder zum Papa nicht aus den Augen verliert – egal, wie er sich verhält.
Bei genauerer Betrachtung nähern wir uns, wenn wir uns selbst wichtig nehmen, dem zweiten Teil des Jesuswortes an: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Dieser Teil ist meiner Erfahrung nach der schwerere.

Dipl.-Psych. Anna Schreiber
ist Psychotherapeutin in Karlsruhe.

Autor:

Ingrid Hohl aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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