Christi Himmelfahrt
Mit dem Leuchtstab

Auf in den Himmel. Unter diesen Titel stellte die Fotografin ihr Bild, mit dem sie an einem diözesanen Fotowettbewerb teilnahm. | Foto: Eva Marin
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  • Auf in den Himmel. Unter diesen Titel stellte die Fotografin ihr Bild, mit dem sie an einem diözesanen Fotowettbewerb teilnahm.
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Christi Himmelfahrt feiern wir vierzig Tage nach Ostern. Was bedeutet dieses österliche Fest?

Als Kind lernte ich das „Aufgefahren in den Himmel“ so verstehen: Vierzig Tage nach der Auferstehung – dieselbe Zeitspanne wie die Fastenzeit in Vorbereitung auf Ostern – führt Christus seine Jünger auf den Ölberg hinauf, wo seine Passion begonnen hatte. Dort schwingt er sich vor ihren Augen auf und steigt in den Himmel, bis eine weiße Wolke ihn ihren Blicken entzieht. Zwei Engel stehen plötzlich da und versprechen den bestürzten Jüngern, dass er wiederkommen werde – zum „Jüngsten Gericht“ meinten wir, obwohl die Engel das nicht ausdrücklich sagten.

Zeugnis. Wenn ich heute dieselbe erste Seite der Apostelgeschichte aufschlage (dieses Buch des Neuen Testamentes berichtet darüber), kommt es mir vor, als leuchte ein Lichtzeigestab auf der Projektionsleinwand vor mir Stichworte an, die mir vorher kaum aufgefallen waren. „Zeugnis“ ist ein solches Schlüsselwort für mich geworden: Bevor er sie zurücklässt, sendet Jesus Christus seine Jünger in die Welt, um seine Zeugen zu werden. Er will nicht, dass sie ihm nachstarren in die Wolken, sondern sie sollen sich an die Aufgabe machen, die vor ihnen liegt. „Bis an die Enden der Erde“ sollen sie – und wir – die Frohbotschaft tragen.
Von Jerusalem aus liegt der Staat Minnesota, USA, gewiss am Ende der Erde. Aber auch dorthin sollte fast 2000 Jahre später eine mutige Frau die frohe Botschaft bringen. Aus dem Kloster St. Walburga im bayrischen Eichstätt brach Mutter Benedicta Riepp (1825–1862) mit zwei Mitschwestern als erste Priorin des Benediktinerordens 1852 nach Nordamerika auf. Schon fünf Jahre später reiste sie den Mississippi aufwärts und gründete in der damals noch recht gefahrenreichen Wildnis von Minnesota das Kloster St. Benedikt. Im Lauf von mehr als 150 Jahren haben diese Pionierinnen und die selbstlosen Frauen, die sich ihnen anschlossen, Hunderttausende von Kindern nicht nur schreiben und lesen gelehrt, sondern auch die Freude, die Menschenherzen aus dem Schönen, Wahren und Guten schöpfen können. Ihr Zeugnis schließt den Umweltschutz ein, und erst kürzlich ist es den Nonnen dieses Ordens gelungen, den Bau einer völlig überflüssigen Autobahn zu verhindern und altes Waldland zu retten.
Und wie bringst Du „allen Geschöpfen“ die Frohbotschaft?

Gegenwart. Das Licht meines imaginären Leuchtstabes fällt auch noch auf eine andere Stelle, die ich heute ganz anders lese als früher. Jesus Christus schien mir immer wegzugehen durch seine Himmelfahrt. Jetzt weiß ich aber, dass die „lichte Wolke“ – wie ja auch bei seiner Taufe und Verklärung – Symbol für Gottes „Gegenwart“ ist. Indem der Auffahrende in Gottes Gegenwart eingeht, die ja die ganze Welt erfüllt, ist auch er jetzt überall gegenwärtig. Das ist die „Wohnung“, die er uns durch seine Auffahrt bereitet.

Im Weggehen kommen. „Dieser Jesus“, so sagen die Engel, „wird auf dieselbe Weise wiederkommen, wie ihr ihn in den Himmel habt auffahren sehen“ (Apg 1,11). Wie er aufwärts fuhr, wird er abwärts fahren, stellte ich mir also vor. Mein Freund und Lehrer Ramon Panikkar sagte mir dazu: „Nein! Auf dieselbe Weise, nicht auf entgegengesetzte Weise! Er wird immer im Weggehen kommen.“
aus: david steindl rast, credo, verlag herder 

Weiß wie sein Gewand
Waldlilie. Der Himmel, in den Christus auffuhr, umgibt mich ganz.

Wenn Du nach einem Geschenk suchst für eine Freundin oder einen Freund, vergiss nicht ein Gedicht in Erwägung zu ziehen – eines, das Dich besonders berührt hat, oder vielleicht sogar ein von Dir selbst geschriebenes. Ein persönlicheres Geschenk lässt sich schwer finden. Manche Gedichte, die mir treue Begleiter auf dem Lebensweg geworden sind, haben Freunde mir geschenkt.
Die Dichterin Patrizia Campbell Carlson – hunderttausende Menschen kennen sie durch ihre Website www.dankbarkeit.org – schenkte mir ein Gedicht, das ich jedes Jahr am Fest Christi Himmelfahrt wieder gern lese:

Waldlilien
Der Hügel übersät von Waldlilien, weiß wie Christi Gewand, als Er auffuhr zum Himmel,
dem Lufthauch jeden Widerstand nehmend an schlanken Schäften, die hinabreichen unters Moos in satte, dunkle Erde.
An welchem Schaft stieg Er auf, uns eine Wohnung zu bereiten? Der Himmel war ein Buntstiftstrich ganz oben auf meinem Zeichenblatt, ganz ohne Zugang, ohne Treppe. Unvermittelt geht’s hinunter.
Die Waldlilie saugt Licht von Millionen Meilen Entfernung und lässt es niedersickern in die verschwiegensten Wurzeln.
Ein Kind lernt, und malt jetzt den ganzen Himmel.
aus: david steindl rast, credo

Auf in den Himmel. Unter diesen Titel stellte die Fotografin ihr Bild, mit dem sie an einem diözesanen Fotowettbewerb teilnahm. | Foto: Eva Marin
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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