13. Sonntag im Jahreskreis | 26. Juni 2022
Kommentar

Vom Totenreich zu den Sehnsuchtsorten

Einmal bei einer Bergwanderung, als ich gerade über meinen Lebensweg, meine Berufung und meinen Dienst als Priester nachgedacht habe, hat sich plötzlich ganz deutlich dieser Satz aus dem Evangelium in mein Bewusstsein gedrängt: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes. Er beschäftigt mich seither unaufhörlich. Machen wir nicht genau das in der kirchlichen Praxis zu einem erschreckend hohen Anteil: „Tote begraben“?

Wieviel Zeit und Energien investieren wir dafür, Strukturen, Formen und Einrichtungen fortzuführen, die tot sind, in denen längst kein Leben mehr pulsiert? In vielen unserer Gottesdienste begegnet man erstarrten Gestalten mit versteinerter Miene, bei deren Anblick kaum wer auf die Idee käme, dass da ein Fest der Auferstehung gefeiert wird. Doch wir machen all das beharrlich weiter, solange wir es irgendwie noch schaffen.

Dabei ist der Auftrag Jesu aber ganz deutlich ein anderer: Geh und verkünde das Reich Gottes! Und das ist kein Reich der Toten, der Unbeweglichen und Eingebunkerten, sondern ein Reich des sprühenden Lebens. Es zeigt sich nicht denen, die wehmütig zurückblicken auf angeblich bessere Zeiten, sondern denen, die wagemutig vorangehen und Ausschau halten nach den Sehnsuchtsorten. Es zeigt sich denen, die Menschen auf der holprigen Suche nach einem erfüllten Leben ihre Weggemeinschaft anbieten.
Dazu braucht es einen festen Entschluss, die Gelassenheit, sich niemandem aufzudrängen, und die Beweglichkeit, sich auf neue Situationen einzulassen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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