Weltanschauungsarbeit heute | 17
Geistige Welten

Foto: Stefan Peterson/Istockphoto
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Anmerkungen zur Anthroposophie.

Viele kennen Waldorfschulen, kaufen Demeter-Gemüse oder benutzen Weleda-Naturkosmetik. Aber nicht alle wissen, dass hinter Waldorfpädagogik und biologisch-dynamischer Landwirtschaft, „anthroposophisch erweiterter Medizin“ und „Seelenpflege“ in manchen heilpädagogischen Einrichtungen eine esoterische Weltanschauung steht.

Begründet wurde die „Anthroposophie“ (Weisheit vom Menschen) vom Österreicher Rudolf Steiner (1861–1925). Nach naturwissenschaftlichen Studien in Wien wandte er sich der Philosophie und Goethes naturwissenschaftlichen Werken zu und promovierte an der Universität Rostock zum Dr. phil. Er entwickelte einen intuitiven Erkenntnisweg, „der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte“, d. h. den Zugang zur „übersinnlichen“, verborgenen Welt ermöglichen soll. Das Ziel der Menschheitsentwicklung besteht nach Steiner darin, in diese geistige Welt einzugehen und den materiellen Leib zu überwinden.

Religiös geprägt wurde der katholisch getaufte Steiner durch die „Theosophie“ (Weisheit von Gott), die im 19. Jh. buddhistische Vorstellungen in den Westen brachte. Den vier biblischen Evangelien fügte Steiner ein fünftes hinzu, das seiner eigenen „geistigen Schau“ entstammte. So erklären sich der anthroposophische Glaube an Reinkarnation (Wiedergeburt) und Karma (Tat-Folge-Zusammenhang über das „aktuelle“ irdische Leben hinaus) und die Selbsterlösungs-Tendenz. Die Vorstellungen von einer ständigen Evolution des Kosmos findet ihren Ausdruck u. a. in unterschiedlich entwickelten menschlichen „Rassen“. Die An-throposophische Gesellschaft, institutionelle Hüterin des steinerschen Erbes, hat sich nicht von dieser „Wurzelrassentheorie“ distanziert, sondern sie lediglich neu gedeutet.

„Ganzheitlichkeit“, „Kreativität“, „Ökologie“ u. a. ziehen mehr Menschen an als die komplexe Lehre Steiners, deren Wirkung vielschichtig ist. Neben dogmatischen AnhängerInnen begegnen auch gesellschaftlich engagierte Menschen, die sich bei anthroposophischen Ideen bedienen. Für die „alternativen“ Methoden der anthroposophisch erweiterten Medizin oder seltsam anmutende „Präparate“ der biologisch-dynamischen Landwirtschaft gibt es allerdings keine Wirksamkeitsnachweise, die über den Placeboeffekt oder die Erfolge herkömmlicher Bio-Landwirtschaft hinausgehen. Grundlage sind hier, wie bei der Waldorfpädagogik, nicht Wissenschaft, sondern „Erkenntnisse“ der höheren Welten, die als objektive, nicht zu hinterfragende Einsichten gewertet werden. Die Anthroposophie möchte „Geisteswissenschaft“ und nicht Religion sein.
Aus christlicher Perspektive ist nichts gegen den Erwerb landwirtschaftlicher oder kosmetischer Produkte einzuwenden. Bei aller Würdigung einiger Aspekte anthroposophischer Praxis sollte man sich jedoch der weltanschaulichen Unterschiede bewusst sein.

Lambert Jaschke

Referat bzw. Fachstelle für Weltanschauungsfragen
Jede Diözese verfügt über ein Referat bzw. eine Fachstelle für Weltanschauungsfragen.
www.weltanschauungsfragen.at

MEIN BEITRAG

Lambert Jaschke ist Theologe, Pastoralassistent und Referent für Weltanschauungsfragen in der Diözese Gurk.

 Was fasziniert an der Anthroposophie?
Die Anthroposophie und andere esoterische Systeme bieten ein Universalwissen, eine umfassende Welterklärung und kitten scheinbar den Bruch zwischen Religion und Naturwissenschaft. Das verwischt aber deren unterschiedliche Ansprüche und Kompetenzen. Während die Naturwissenschaften nach dem Wie, nach dem „Funktionieren“ des Kosmos fragt, sucht Religion nach dem Wozu, nach dem Sinn.

Ist die Anthroposophie christlich?
Es gibt sogar eine anthroposophisch geprägte Christengemeinschaft. Steiner verbindet aber in seinem esoterischen Christentum mit biblisch-christlichen Begriffen Vorstellungen, die die christliche Ökumene nicht teilt, wie z. B. Reinkarnation und Karma, die Ideen von sieben Schöpfergöttern (Elohim) oder zwei Jesusknaben.

Foto: Stefan Peterson/Istockphoto
Lambert Jaschke  | Foto: Kronawetter
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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