Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Gott leidet unter denen, die er liebt

Wir könnten uns fragen, warum ausgerechnet jetzt in den meisten Kirchen die Kreuze verhüllt sind. Wird uns doch gerade in diesen Tagen und Wochen schonungslos das Leid vor Augen gestellt. Auch das Leid, das Menschen anderen gewaltsam antun, das Leid Unschuldiger.

Was uns aber verhüllt bleibt, ist ein Sinn von all dem Leid. Warum Gott das zulässt, fragen religiöse oder auch weniger religiöse Menschen oft.

„Dein Wille geschehe“, beten wir im Vaterunser. Aber Gottes Wille kann doch nicht Leid, Krieg und Gewalt sein. „Vater, es geschehe dein Wille“, betet auch Jesus am Ölberg. Das Gebet hat ihm das Leid nicht erspart, aber ihn wohl in diesem Leiden gestärkt.

Gottes Weg war nie das Wegzaubern oder gewaltsame Verhindern von Leid. Gott hat sich in das Leid begeben. Er steht an der Seite der Leidenden. Er steht nicht drüber. Er leidet unter dem, was Menschen einander antun, weil er sie doch alle liebt. Er leidet mit ihnen. Leid darf nicht ohne Liebe bleiben.

Die Englischsprachigen beten im Vaterunser nicht „Dein Wille geschehe“, sondern „Thy will be done“. Auf Erden geschieht Gottes Wille durch die, die ihn tun. Und wir finden auch in den Leiden unserer Tage viele, die Liebe und Versöhnung leben.

Die Karwoche spricht alle unsere Leidensgeschichten an. Wenn wir am Karfreitag die Kreuze enthüllen, sehen wir einen Leidenden mit Wunden und Dornenkrone. Und einen Liebenden mit offenen Armen und offenem Herzen. Wir sehen die Liebe mitten im Leid. Und wir glauben an ihre Stärke.

Herbert Meßner, Chefredakteur

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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