Bosnien und Herzegowina
Käse und Bier gegen die Abwanderung

Mit einem Bauernhof, der Arbeitsplätze sichert, begeisterte Drazenko Budimir (l.) Leiter der Farm, die steirischen Gäste: Caritas-Vizedirektor Erich Hohl (Mitte) und Caritas-Auslandshilfe-Leiterin Brigitte Kroutil-Krenn (r.). | Foto: Caritas
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  • Mit einem Bauernhof, der Arbeitsplätze sichert, begeisterte Drazenko Budimir (l.) Leiter der Farm, die steirischen Gäste: Caritas-Vizedirektor Erich Hohl (Mitte) und Caritas-Auslandshilfe-Leiterin Brigitte Kroutil-Krenn (r.).
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Caritas-Vizedirektor Erich Hohl besuchte die Partnerorganisation der Diözese Banja Luka.
Als verantwortlicher Vizedirektor begleitete ich im Sommer ein Team der Auslandshilfe der steirischen Caritas mit Leiterin Brigitte Kroutil-Krenn und Projektverantwortlicher Anna Steiner nach Bosnien und Herzegowina. Wertvolle Gespräche haben mir die Augen dafür geöffnet, wie hilfreich unsere Unterstützung auf vielen Ebenen ist. Im Auto sind es nur knapp vier Stunden von Graz nach Banja Luka; doch die Lebensverhältnisse, die Situation der katholischen Kirche und speziell der Priester kontrastieren stark mit unserem gewohnten Alltag in der Steiermark.

Die Tätigkeit der heutigen Caritas des Bistums Banja Luka erschließt sich über ihre Entstehungsgeschichte. Als der damalige Weihbischof Franjo Komarica die Caritas 1986 mit zunächst 100 Mitarbeitern gründete, existierte Jugoslawien zwar noch als Staat, sechs Jahre nach dem Tod Titos zeichneten sich jedoch bereits Brüche und Spannungen ab. In dieser Situation verfolgte der heute noch amtierende Diözesanbischof Franjo mit der Gründung auch das Ziel, die tatkräftige Liebe im Sinne des Evangeliums und die Idee freiwilligen Engagements zu stärken. Während des Krieges von 1992 bis 1995 leistete die lokale Caritas mit großer Unterstützung aus der Steiermark wertvolle Arbeit mit der Sammlung und Verteilung von Überlebenshilfe sowie in der medizinischen Versorgung.

Nach dem Krieg ging es um Wiederaufbau in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht, aber auch um Versöhnung. In dem zerstörten Land und ungeachtet der Grausamkeiten, die national-ethnische und religiöse Ideologisierung in die Städte und Dörfer gebracht hatten, war der Ansatz immer, für alle Menschen da zu sein – ohne Unterschied in religiöser oder nationaler Zugehörigkeit, um ein gemeinsames Weiterleben zu ermöglichen.
Heute ist Nothilfe weiterhin ein großes Thema in der Diözese: Viele, vor allem ältere Menschen, leben auf niedrigstem Lebensstandard; sie erhalten über die Caritas Lebensmittelpakete, Brennholz und Medikamente. In Banja Luka und Umgebung werden zudem an fünf Tagen in der Woche etwa 30 ältere, kranke und alleinlebende Menschen mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Ein Pflegeheim für rund 100 Menschen wird um eine spezielle Einheit für Demenzkranke erweitert und das Projekt „Leben mit der Demenz“, in dem Pflegepersonal speziell geschult wird, verlängert – auch dank der Unterstützung von Renovabis.

Käse und Bier gegen die Abwanderung
Um der starken Abwanderung entgegenzuwirken, unterstützt die Caritas Projekte zur Berufsorientierung sowie Ausbildungsmaßnahmen und Bildung. Nicht zuletzt ist sie in der lokalen Flüchtlingshilfe aktiv; sie betreibt etwa eine Wäscherei im Flüchtlingslager und vermittelt Kinder in Schulen, damit sie in der Ausnahmesituation Flucht auch Alltag und die Möglichkeit zu lernen haben. Dazu stellt die Caritas Schulbücher zur Verfügung; zudem werden Schulpsychologinnen finanziert, um traumatisierte Kinder zu betreuen.

Besonders beeindruckt hat mich die Farm „Livac“. Die Genossenschaft, die in der strukturschwachen Region Arbeitsplätze schafft und Schulungen für Landwirte anbietet, trägt zudem zur Finanzierung karitativer Projekte bei. In der Tradition des Trappisten-Ordens, der viele Jahrzehnte hindurch in der Region tätig war, werden dort eine Käserei und eine Brauerei betrieben.

Kosten übernehmen

Steirische Priester spenden für die Seelsorge in Banja Luka

In ihrem Bemühen um Versöhnung trägt die finanziell schwache Caritas Banja Luka die Haltung von Bischof Franjo Komarica weiter, der während der Kriegszeit mit seinen Aufrufen gegen Gewalt und seinem Einsatz für Menschenrechte massive persönliche Verfolgung erlitten hat, sich jedoch nicht einschüchtern ließ.

Die vielfältige Arbeit der Caritas ist in diesem Umfang nur aufgrund der Unterstützung aus dem Ausland überhaupt möglich, da sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Bosnien und Herzegowina aus den Beiträgen der Gläubigen finanzieren müssen und keine Unterstützung vom Staat erhalten. Dabei leben gegenüber 80.000 Katholiken vor 1991 heute nur mehr ca. 30.000 katholische Gläubige auf dem Gebiet der Diözese, die in der Republika Srbska liegt und mehrheitlich von serbisch-orthodoxen ChristInnen bewohnt wird.

„Unsere Gemeinden sind sehr klein, manchmal nur 10 bis 15 Mitglieder“, erläutert Pero Ivan Grgić, Kanzler der Diözese, „und die finanzielle Situation der Priester ist prekär. Die Seelsorge ist eine große Herausforderung“. Daher wird seit vielen Jahren auf Initiative des Grazer Pfarrers Johann Schrei bei der steirischen Pfarrerwoche (jetzt: Priestertage) jeweils für Priester in der Diözese Banja Luka gesammelt. Damit ist es unter anderem möglich, für Pfarrer die Krankenversicherung und Kosten für Medikamente zu übernehmen.

Mit einem Bauernhof, der Arbeitsplätze sichert, begeisterte Drazenko Budimir (l.) Leiter der Farm, die steirischen Gäste: Caritas-Vizedirektor Erich Hohl (Mitte) und Caritas-Auslandshilfe-Leiterin Brigitte Kroutil-Krenn (r.). | Foto: Caritas
Von der schwierigen Lage der Priester seiner Diözese berichtete Kanzler Pero Ivan Grgić (l.) Caritas-Vizedirektor Erich Hohl (r.). | Foto: Caritas
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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