Leben mit Demenz
Gegen das Vergessen

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In den Familien kommt es während der Corona-Krise zu unterschiedlichen Herausforderungen. Vor allem auch dann, wenn Angehörige an Demenz erkrankt sind.

Konkrete Fragen

Was macht man beispielsweise, wenn eine demenzerkrankte Person einfach das Haus verlassen möchte? Natürlich müssen gerade jetzt Angehörige nach Wegen suchen, wie sie un­nötige oder gefährliche Ausflüge der Erkrankten außer Haus beschränken können. Von Maßnahmen wie Einsperren rät DGKP Lea Hofer-Wecer, Gründerin der Caritas Kompetenzstelle Demenz, ab: „Wenn man die Menschen einsperrt, kommt es oft zur Selbstgefährdung. Dasselbe gilt für das Wegnehmen von Gehgestellen. Sie gehen dann ohne Hilfe raus und das Sturzrisiko ist höher.“ Das Wort „Ausgangssperre“ sollte möglichst nicht vorkommen. Denn das weckt bei älteren Menschen Erinnerungen an die Nachkriegszeit – Demenzerkrankte leben in der Vergangenheit und bekommen es mit der Angst zu tun. Die Angehörigen können versuchen, den Kranken von seinem Vorhaben abzulenken, oder für Begleitung sorgen. Hilfreich ist ein Netz an regelmäßigen Besuchern und Begleitern.
Wenn die betreuende Person das Haus verlassen muss, sei es ratsam, einen Zettel mit möglichst konkreten Infos an die Tür zu kleben, so Hofer-Wecer. Etwa, dass man die Wohnung nicht verlassen solle und dass die betreuende Person bald wiederkomme. Hilfreich sei es auch, seinen Namen darauf zu schreiben. Das Tragen einer Maske kann ebenfalls zur Herausforderung werden, wenn ein Mensch mit Demenz die Maßnahme nicht nachvollziehen kann.

„Der Weg ist das Ziel“
Gerade jetzt und auch das ganze Jahr über ist es wichtig, den Demenzerkrankten zu aktivieren und eine klare Tagesstruktur zu schaffen. Ziel ist es, vorhandene Fähigkeiten beizubehalten und brach liegende Fähigkeiten wieder zu aktivieren, sagt Hofer-Wecer. Bei Frauen funktioniert das über gemeinsame Hausarbeit. Backen, kochen, den Kasten aussortieren oder sich um ein Blumenbeet zu kümmern sind tolle Beschäftigungen und sorgen dafür, dass sich die Betroffenen gebraucht fühlen. Auch Männern sollte man das Gefühl geben, dass man ihre Unterstützung braucht – etwa beim Schälen der Kartoffeln oder anderen Tätigkeiten. Wichtig ist aber nicht das Ergebnis, sondern die Tätigkeit an sich: „Der Weg ist das Ziel. Man bekommt das Gefühl, dass man noch etwas kann und dazugehört“, sagt die Expertin. Sinnvolle Beschäftigung sorgt dafür, dass beispielsweise Aggression und Depression vermindert werden und Schlafstörungen und Unruhe abnehmen.

Erinnerung an früher
Ein weiterer, wichtiger Punkt ist die Entspannung. Hier ist die Musik die Königsdisziplin. Das kann nicht nur gemeinsames Musikhören, sondern auch das gemeinsame Musizieren sein. Denn wer sein Leben lang ein Instrument gespielt hat, kann das meist auch noch mit einer Demenzerkrankung. Auch Lesen ist etwas, das in den verschiedenen Stadien der Demenz funktioniert: Menschen mit leichter Demenz können meist noch lesen. Für sie sind Broschüren mit vielen Bildern und die tägliche Tageszeitung hilfreich. Menschen, die an einer schweren Demenz leiden, kann man vorlesen, Märchen zum Beispiel.
Besonders wichtig ist Bewegung, um innere Unruhe abzubauen. Gymnastik hilft hier zum Beispiel. Für alle Ratschläge gilt: Wer die Biografie des Demenzerkrankten kennt, tut sich leichter. Denn die richtigen Aktivitäten sind meist jene, die der Mensch früher gerne gemacht hat. So gelingt das Zusammenleben entspannter und zufriedener – für die ganze Familie.
Daniela Rittmannsberger

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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