22. Sonntag im Jahreskreis | 29. August 2021
Kommentar

Das Ritual des Desinfizierens.

Stellen wir uns einmal vor, die Corona-Gefahr wäre in ein paar Jahren gebannt und das pandemische Zeitalter wäre nicht hereingebrochen. Es ist alles wieder beim Alten – nur die Desinfektionsmittelspender stehen noch immer an den Eingängen und wir benützen sie jedes Mal beim Betreten der Kirche. Es ist inzwischen zu einem religiösen Ritual geworden, das uns daran erinnert, dass Gott uns vor Krankheiten beschützt. Und dann käme Jesus hinzu und sagte uns, es sei sinnlos, das zu tun, denn der Anlass für diese Vorschrift sei längst überholt.
Ich habe mir schon öfters überlegt, ob nicht auch die Weihwasserbecken in unseren Kirchen ursprünglich einfach nur zum Händewaschen gedacht waren und die Kerzen auf dem Altar bloß als Lichtquelle. Vielleicht sind erst später daraus religiöse Symbole geworden, um ihre weitere Verwendung zu rechtfertigen, nachdem ihr eigentlicher Zweck abhandengekommen war. Wenn wir genau hinsehen, müssen wir uns wohl eingestehen, dass wir viele Gesten und Rituale, viele Gebetstexte und Antworten im Gottesdienst nur formelhaft mitvollziehen, ohne nachzudenken, was sie bedeuten oder ob sie in der gegenwärtigen Situation stimmig sind.
Jesus leitet uns an, unser Innerstes wahrzunehmen und vor Gott zu bringen. Nur wenn wir mit ganzem Herzen dabei sind, kann ein Gottesdienst auch zur Gottesbegegnung werden. Nur dann sind unsere Rituale kraftvoll und keine hohlen Alibihandlungen. Wenn sie aus dem Herzen kommt, kann jede unserer Handlungen zu einer heiligen Handlung werden.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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