Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Nur wenn keine Seite sich für unfehlbar hält

Über den nun verstorbenen Theologen Hans Küng, der unter anderem das Buch „Unfehlbar?“ herausgegeben hatte und als scharfer Kritiker einer zentralistischen Kirchenleitung bekannt war, kursierte seinerzeit ein Witz: „Es gibt eine Papstwahl, und Küng wird telefonisch informiert, dass ihn die Kardinäle zum Papst wählen wollen. Küng erbittet sich Bedenkzeit, ob er die Wahl annimmt. Schließlich ruft er zurück und erklärt: Ich kann nicht Papst werden. Denn dann bin ich nicht mehr unfehlbar.“
Kurz bevor ihm die Lehrbefugnis entzogen wurde, hielt Hans Küng in Graz einen Vortrag im Hörsaal A der Universität. Anhänger des traditionalistischen Erzbischofs Lefebvre störten mit Zwischenrufen: „Irrlehrer! Häretiker!“
Küng ging darauf ein und meinte, er teile ja die Sorgen von Menschen, die konservativer seien als er, um die Zukunft des Glaubens und der Kirche. Nur sei er eben überzeugt, dass die Kirche nur durch Reformfreudigkeit in unserer Zeit glaubwürdig bleiben könnte.
Hinter vielleicht extrem unterschiedlichen Lösungen kann wirklich die gleiche Sorge stehen. Wir sollten jedenfalls nicht aufhören, im Gespräch zu bleiben. Das geht aber nur, wenn wir der jeweils anderen Denkrichtung nicht absprechen, dass sie auch auf Richtiges hinweist, auch wenn wir die Lösungen der anderen Seite nicht für gut halten.
Manche fürchten um die Zukunft der Kirche wegen zu großer Starre. Andere wegen zu großer Anpassung. Am meisten zu fürchten ist Dialogverweigerung von oben wie von unten.

Chefredakteur Herbert Meßner

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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