Positionen - Monika Prettenthaler
Hass raubt den Verstand

Die entsetzlichen Ereignisse in Paris, Nizza und Wien zeigen, welche – im wahrsten Sinn des Wortes – irrsinnige Kraft Hass in Menschen freisetzen kann. Genau diese vernichtende Seite des Hasses hat auch in den Tagen um den 9. November 1938 und danach gewütet: In der Nacht von 9. auf 10. November wurden Synagogen zerstört, es kam zu Plünderungen, Jüdinnen und Juden wurden misshandelt, gedemütigt und auch getötet. Nicht alle haben so agiert und den Brand der Grazer Synagoge aus der ersten Reihe tatenlos beobachtet, die Mehrheit hat den Hass auf jüdische Mitmenschen durch passives Zuschauen oder Wegsehen unterstützt.
Hass gehört zu den aggressiven Gefühlen. Seine problematische Eigenart besteht darin, dass Hass das Objekt, gegen das er sich richtet, vernichten möchte. Hass ruft immer unsägliches Leid und Elend hervor, ganz gleich, ob er sich auf Angehörige einer Religion, einer Hautfarbe, einer Nationalität oder Kultur richtet. Dieser kollektive Hass kann vielleicht damit erklärt werden, dass hier Unzufriedenheiten mit dem Eigenen und sich selbst auf eine andere Person oder Gruppe – einem Sündenbock – umgeleitet werden. Nach einer Erklärung zu suchen, bedeutet nicht, Hass zu akzeptieren: Es gibt keinen Grund, kollektivem Hass verständnisvoll zu begegnen! Denn Hass zielt auf Zerstörung, er macht blind und raubt den Verstand.
Wir können die Gewalt des Hasses mit einer lebendigen Gedächtnis- und Erinnerungskultur unterbrechen und ihr den Willen entgegensetzen, mit Unzufriedenheiten hier und jetzt anders umzugehen.

Monika Prettenthaler

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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