Mutworte - Elisabeth Rathgeb
Blüten im Winter

Foto: Archiv

Wenn sich der Garten in den Winterschlaf legt, die Nächte lang werden und die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sinken, wird es Zeit für die Christrosen. Ich kaufe sie in der Gärtnerei und pflanze sie in eine Schale vor der Haustür und einen Blumentrog am Küchenfenster: So sehe ich sie jeden Tag, auch wenn ich im Dunkeln aus dem Haus zur Arbeit gehe und erst am Abend wieder heimkomme.

Die Christrosen können die Farbenfülle der Geranien nicht ersetzen, die sonst hier ihren Platz haben. Aber die zarten, porzellanweißen Blüten im kräftig dunkelgrünen Laub bieten mehr: Sie haben eine Botschaft. Sie zeigen mir, wie es geht, in winterlicher Zeit zu blühen. Christrosen sind Frostkeimer. Das heißt, dass ihre Samen die Kälte brauchen, um zu keimen. Sie akzeptieren die winterlichen Bedingungen und überwinden sie zugleich. Und entfalten so in der dunkelsten Jahreszeit ihre Blütensterne.

Was sie trotzdem brauchen, ist Wasser. Früher dachte ich nach wochenlangem Frost, sie seien doch erfroren. Aber inzwischen weiß ich: Ich muss sie einmal in der Woche gießen, sonst vertrocknen sie. Und das scheinbar Unmögliche wird möglich: Blühen in winterlicher Zeit. Zu Weihnachten schmücke ich die Christrose mit Tannenzweigen – wie auch die Krippe im Haus. Dann enthüllt die Christrose das Geheimnis ihres Namens und wird zur Trägerin der Weihnachtsbotschaft: Gott wird Mensch. Die Rettung kommt in dunkelster Zeit und hat Hand und Fuß. Sein Name ist Immanuel: Gott mit uns.

Aus: Elisabeth Rathgeb:

Kopfsalat mit Herz. Eine spirituelle Entdeckungsreise durch den Garten. Verlag Tyrolia. Die Autorin ist Caritas-Direktorin in Tirol.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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