Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Am Kreuz sitzen die Nägel locker

In unserer Kirche haben wir ein kaputtes Kreuz renovieren lassen. Gleich als ich es nach der Erneuerung der Gemeinde gezeigt habe, war schon wieder ein Nagel herausgegangen. Das hat mich geärgert, so schnell nach der Renovierung. Es hat mich aber auch an eine Geschichte erinnert.
Sie handelt von einem Kreuz, bei dem der rechte Arm des Gekreuzigten sich vom Nagel gelöst hat und lose herabhängt. Dazu wird erzählt, dass ein Priester einem Sünder, der immer wieder in den gleichen Fehler zurückfiel, nicht mehr die Vergebung Gottes zusprechen wollte. Da habe sich der Arm des Gekreuzigten vom Kreuz gelöst, der damit diesem Sünder die Hand auflegte. Und der Priester habe innerlich die Stimme vernommen: Wenn du ihm nicht vergeben willst, muss ich ihm vergeben.
Das Kreuz ist Zeichen der Vergebung, der erlösenden Liebe. Allzu oft schlagen wir dem Gekreuzigten die Nägel des Egoismus, der Unversöhnlichkeit oder der Ungerechtigkeit ein. Aber Jesus lässt sich nicht festnageln in den immer wieder gleichen Problemen unserer Welt. „Vater, vergib ihnen“, lautete damals sein erstes Wort am Kreuz.
Gerade ist der Internationale Eucharistische Kongress zu Ende gegangen. Da ging es um den Leib Christi. Wenn wir als Kirche Leib Christi sind, wenn wir als Getaufte Christus verkörpern, dann gehört dazu auch der Arm, der sich loslösen kann, um dem anderen die Hand zur Versöhnung zu reichen.
Bereitschaft zur Vergebung ist für die Kirche und ihre Mitglieder eine ständige Nagelprobe.

Herbert Meßner, Chefredakteur

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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