Durch dich bin ich Vater

Loslassen, ohne die Verbindung abzubrechen, gehört ebenso zum Vatersein wie Mitsorgen und Wurzeln geben.  | Foto: iStock
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Ein Vater erzählt. Vom Wurzeln-Geben und Fliegenlassen, von Vorbildern und von der Freude, Zeuge des Lebens zu sein.

Vater zu sein ist für mich ein großes Geschenk, eine beachtliche Aufgabe und eine abenteuerliche Reise. Als Papa ganz da sein für diese kleinen Menschenwesen, sie zu versorgen und ihre Entwicklung zu fördern ist wunderschön und erfüllend. „Wurzeln und Flügel“ sollen sich gleichermaßen entfalten, sie brauchen ja Heimat und Freiräume. Seit 1984 mit meiner geliebten Gertrude verheiratet, sind wir Eltern von vier großartigen Töchtern von 27 bis 38 Jahren und auch schon vierfache Großeltern.

Leben (be)zeugen
„Kinder werden nicht gemacht, Kinder werden gezeugt.“ Wir Männer müssen einsehen, dass wir nichts erschaffen können, nicht die großen Macher sind, die wir so gerne wären. Aber wir dürfen kraftvoll und demütig mitwirken am fortwährenden Schöpfungsgeschehen. Wir dürfen die unbändige Kraft des Lebens bezeugen und müssen dafür Verantwortung übernehmen.

„Vater sein ist schwer“, sagt man. Und tatsächlich – wo finden wir Vorbilder, wie kann man das lernen? Wir haben ja vielfältige Erfahrungen mit unseren Vätern. War er da für mich oder eher abwesend? Bekam ich Ermutigung und Lob oder Kritik und Leistungsdruck? War er mir der Freund und Begleiter ins Leben, den ich brauchte? Ich jedenfalls fühlte mich als Kind und Jugendlicher so richtig klein und konnte seine Erwartungen kaum erfüllen. Das war schmerzlich, aber in einem längeren Reifungs- und Klärungsprozess fand ich schließlich Zugang zu meinem Vater. Versöhnung und gegenseitige Wertschätzung sind die kostbaren Früchte dieser Anstrengung.

Von der Hausaufgaben- zur Umzugshilfe
Mit unseren vier Mädels war immer was los. Wie oft haben wir unsere Wohnung umgestaltet, Kästen aufgebaut und Stockbetten montiert, bei Hausaufgaben geholfen, sie in die Musikschule gebracht und Kindergeburtstage ausgerichtet. Im Jugendalter waren es nächtliche Taxi-Dienste, wenn Veranstaltungen oder Partys angesagt waren. „Die Buben kommen eh von selber“, bekam ich oft zu hören. Ja, das stimmt.
Jahre später folgten dann Umzüge: die Waschmaschine im Auto, Bettgestell und Matratzen am Dachträger, Schrauben und Dübel beim Werkzeug. Ich wusste lange nicht, dass man so viele Küchen und Möbel zusammenschrauben und Lampen aufhängen kann.

Loslassen und verbunden bleiben
Ganz oft bin ich tief berührt von der herzlichen Beziehung zu meinen Töchtern. Wunderbar ist auch zu sehen, wie liebevoll sich deren Partner um sie und ihre Kinder kümmern. Und das Herz geht mir auf, wenn sie tolle Kindheitserinnerungen ansprechen: abendliches Geschichtenvorlesen, gemeinsames Basteln, Foto-Experimente in der Dunkelkammer, das eigene Taschenmesser zum Maipfeiferl-Schnitzen, Löten von Silberdraht-Schmuck …
Mir ist heute noch ganz präsent: Nach vielen Runden am Parkplatz, das Fahrrad bereits ohne Stützräder, höre ich den empörten Ruf: „Papa, du hast geschwindelt, du hast losgelassen!“ Ja, so ist es, meine Lieben: Es ist immer an der Zeit, Selbstständigkeit wachsen zu lassen. Aber loslassen heißt ja nicht, die Verbindung abzubrechen – ganz im Gegenteil! Es heißt vielmehr, euch zu ermutigen, der Tragkraft eurer Flügel zu trauen.
Eva, Christine, Anna, Sara – ich könnte mir ein Leben ohne euch (und eure großartige Mutter) definitiv nicht vorstellen – dank euch bin ich Vater und Großvater. Habt ein gutes Leben! Euer Dad.

Karl Felber

Tipp für Väter, Mütter, Kinder
Kräuterwanderung für Familien, 17. Juni, 15 bis ca. 17 Uhr. Treffpunkt: vor der Basilika Seckau. Seelsorgeraum Knittelfeld und Familienreferat laden ein. Info: Tel. 0676/8742-6584.

Loslassen, ohne die Verbindung abzubrechen, gehört ebenso zum Vatersein wie Mitsorgen und Wurzeln geben.  | Foto: iStock
Familien-Tattoo. Auf Initiative der Jüngsten ließen sich alle ein Weidensymbol stechen. Die Weide heißt ja auch „Felberbaum“ | Foto: Felber
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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