Ostern
Frag mich nach der Auferstehung

Die Auferstehung Jesu – entworfen von Raffel Santi (1483 – 1520), von Meistern der Webkunst umgesetzt auf nicht weniger künstlerischem Niveau und Ausdruck eines lebendigen Glaubens. Jesus ist wie ein ruhender Pol inmitten einer turbulenten Szene, in der alles, was irdisch machtvoll ist, erschüttert wird.  | Foto: Leopold Schlager
  • Die Auferstehung Jesu – entworfen von Raffel Santi (1483 – 1520), von Meistern der Webkunst umgesetzt auf nicht weniger künstlerischem Niveau und Ausdruck eines lebendigen Glaubens. Jesus ist wie ein ruhender Pol inmitten einer turbulenten Szene, in der alles, was irdisch machtvoll ist, erschüttert wird.
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Für die Auferstehung Jesu gibt es keine Beweise. Die Sprache der Bibel führt uns auf eine andere Spur: Maria von Magdala „verkündet“ den Aposteln, was Jesus ihr am Grab gesagt hat, und die Apostel geben Zeugnis von der Auferstehung. Es sind also personale Kategorien. Theologen und Theologinnen versuchen auch heute, den Glauben an die Auferstehung begreifbar zu machen – ganz im Sinne des 1. Petrusbriefs, Rechenschaft über den eigenen Glauben zu geben.

Wenige Tage vor dem Tod von Papst Johannes Paul II. hielt der damalige Präfekt der Glaubenskongregation und bald darauf selbst zum Papst gewählte Kardinal Joseph Ratzinger im Namen von Johannes Paul II. am 26. März 2005 die Osterliturgie im Petersdom. Er sagte darin mit besonderem Bezug zur Taufe, die in der Feier der Osternacht ihren bevorzugten Platz hat:
„Die Auferstehung ist nicht bloß die Erinnerung an ein vergangenes Geschehen. In der Osternacht, im Sakrament der Taufe, wird hete tatsächlich die Auferstehung, der Sieg über den Tod, Wirklichkeit.

Aus dem Tod ins Leben hinübergehen – das ist der Weg, zu dem Christus die Tür geöffnet hat.

Jesus ist die Auferstehung und das ewige Leben; in dem Maße, in dem wir mit Christus verbunden sind, sind wir schon heute „aus dem Tod ins Leben hinübergegangen“, leben wir schon jetzt das ewige Leben, das nicht nur eine Wirklichkeit ist, die nach dem Tod kommt, sondern die schon heute in unserer Gemeinschaft mit Christus beginnt. Aus dem Tod ins Leben hinübergehen – das ist zusammen mit dem Taufsakrament der eigentliche Kern der Liturgie dieser heiligen Nacht. Aus dem Tod ins Leben hinübergehen – das ist der Weg, zu dem Christus die Tür geöffnet hat, zu dem uns die Feier des Osterfestes einlädt.“

Realer Trost, nicht Vertröstung

Der Schweizer Theologe Josef Imbach wendet sich gegen eine Ideologisierung und Institutionalisierung der Religion, die dadurch ihren eigentlichen Anspruch aufgibt, wenn er sagt: „Auferstehungsglaube ist keine leere Vertröstung, sondern realer Trost; ist Stachel, der tief im Fleisch drin sitzt; ist Sand im Getriebe der institutionalisierten Religion, die immer der Gefahr ausgesetzt ist, Gottes Geist zu verdrängen und sich mit dem Zeitgeist zu arrangieren … Die Rede von der Auferstehung ist nichts weiter als ein ideologischer Überbau, wenn der Mensch sich mitten im Leben ans Totsein gewöhnt hat.“

Die Frage bleibt

Die im Jahr 2003 verstorbene evangelische Theologin Dorothee Sölle hat die Frage nach der Auferstehung in einem Gedicht zum Thema gemacht:

Sie fragen mich nach der auferstehung
sicher sicher gehört hab ich davon

So beginnt ihr Gedicht „Über auferstehung“. „Sicher sicher“ – diese Floskel wird zur Frage. Was ist schon sicher? Ist es für heutige Menschen so sicher, dass Jesus auferstanden ist? Und was gibt mir letzte Sicherheit? In Sölles Gedicht bleiben mehr Unsicherheiten als definitive Antworten, aber diese Ungewissheit will ausgehalten werden.

Ach fragt nicht nach der auferstehung
ein märchen aus uralten zeiten

Ist Auferstehung nur ein Märchen? Kann man sie beiseite schieben und sich langsam gewöhnen „ans totsein / in der geheizten wohnung / den großen stein vor der tür“, wie sie in dem Text weiter formuliert?
Sölle beschließt dieses Gedicht mit einer Aufforderung, weiter zu fragen – und darin liegt eine Wende zum persönlichen Glauben, der immer neu angefragt ist. So lauten die letzten Zeilen ihres Textes:

Ach frag du mich nach der auferstehung
ach hör nicht auf mich zu fragen

Das führt zurück zu einer ur-christlichen Glaubensvergewisserung, von der bereits in den neutestamentlichen Briefen die Rede ist: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,16). Hören wir nicht auf, nach der Auferstehung zu fragen. Und werden wir nicht müde, den Stein vor unserer Tür wegzuwälzen, der für uns vielleicht das größte Glaubenshindernis ist.

Auferstanden – auferweckt – erhöht

Auferstehung (von den Toten) bzw. Auferweckung sind die geläufigsten Begriffe für jenes Geschehen, das sich nach dem Tod Jesu ereignet, auf das sein ganzes Leben und Wirken aber konsequent hinstrebt. Von der urchristlichen Verkündigung der Apostel an wird klar gesagt, dass dieses unvorstellbare Geschehen durch Gott, den Vater Jesu, und durch den Heiligen Geist gewirkt ist.

„Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle an mich ziehen.“

Während diese Vorstellung vor allem den ersten drei Evangelien (Matthäus, Markus und Lukas) eigen ist, entwickelt das vierte Evangelium eine zwar nicht grundlegend verschiedene, aber doch ergänzende Sichtweise. Der nunmehrige Kardinal Gianfranco Ravasi, zuvor unter anderem Dozent für Bibelwissenschaft an der Theologischen Fakultät für Norditalien, weist darauf hin, dass der Evangelist Johannes mit dem Bild von der „Erhöhung“ als dem großen österlichen Zeichen die Rede von der „Auferstehung“ bzw. „Auferweckung“ Jesu um ein wesentliches Motiv erweitert. „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle an mich ziehen“, sagt Jesus (Joh 12,32). Für Johannes ist also „das Kreuz der Beginn, der Ort des Heils und der Sammlung der Zerstreuten“, erläutert Ravasi.

Auferstanden „am dritten Tag“

Im christlichen Glaubensbekenntnis steht der Satz, dass Jesus „am dritten Tag“ von den Toten auferstanden ist. Das war für die Kirche von Anfang an eine sehr bedeutende Aussage. Jesus ließ dem Herodes Antipas ausrichten: „Geht und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe Dämonen aus und vollbringe Heilungen heute und morgen – und am dritten Tag werde ich vollendet“ (Lk 13,32).

Der Bibelwissenschaftler Gerhard Lohfink meint jedoch, man dürfe diese Aussage keinesfalls auf die Auferstehung Jesu beziehen. Die im Passiv stehende Wendung könne aber das Lebensende Jesu bezeichnen – „insofern redet Jesus hier sehr wohl von seinem Lebensende – verdeckt, verhüllt – aber offenbar doch mit einem klaren Wissen von der Gefährdung seines Lebens und der Nähe seines Todes“.

Daran knüpft sich die Frage, wie lange Jesus tatsächlich im Grab war. Wir dürfen nicht unseren heutigen Maßstab anlegen, der den Tag strikt mit 24 Stunden bemisst. Wenn die Grablegung Jesu am Abend des Karfreitags erfolgte, war das schon der erste Tag, und gleich darauf brach mit der Dämmerung der zweite Tag, der Sabbat, an. Und die Osternacht fällt – vom Einbruch der Dunkelheit an – bereits in den dritten Tag.

Ostern – immer neu, immer anders

Ostern wiederholt sich jedes Jahr. Und doch ist es jedes Jahr anders. Es gibt Erfahrungen, die nicht außen vor bleiben können, wenn wir Tod und Auferstehung feiern. Vielleicht ist in letzter Zeit jemand aus dem Kreis der guten Bekannten oder gar der Familie verstorben. Oder es hat andere einschneidende Erfahrungen gegeben, Krankheit, Unfall, Beziehungskrisen, nicht zu vergessen die großen Konflikte in aller Welt, voran der Krieg in der Ukraine, aber auch Bürgerkriege wie jener in Syrien oder im Jemen, die sich oft schon über viele Jahre hinziehen. Sind uns Afghanistan, der Iran, Myanmar oder Nigeria schon aus dem Sinn gekommen?

Kunst kündet von der Auferstehung

Besucher der Vatikanischen Museen sind schon etwas müde, wenn sie durch die – aus konservatorischen Gründen obendrein abgedunkelte – Galerie der Wandteppiche durchschreiten. Unter den zwölf großformatigen Bildteppichen, die nach Zeichnungen von Raffael in der Werkstatt des flämischen Malers Pieter van Aelst gewoben wurden, hat die Auferstehung Jesu eine zentrale Stellung inne. Die Szenerie ist ebenso wuchtig wie luftig-bewegt: Jesus tritt aus dem Inneren des Grabes auf den umgelegten dicken Grabstein, wehende Gewänder sollen den Geist Gottes versinnbildlichen. Mit den Wundmalen gezeichnet, der Siegesfahne in der Linken und der zum Zeichen des Sieges erhobenen Rechten tritt Jesus dem Betrachter in jugendlicher Pose entgegen. Fast real tritt er einem entgegen, die sonst selbst Schrecken verbreitenden Soldaten fliehen verängstigt. Auch als dieses Werk entstand, war die Welt nicht frei von Kriegen und Gewalt. Der Glaube aber, den die Künstler mit diesem Werk bezeugen, spricht lebendig bis in unsere Zeit: Jesus lebt – er ist wahrhaft auferstanden!

Autor:

Leopold Schlager aus Niederösterreich | Kirche bunt

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