23. Sonntag im Jahreskreis | 06.09.2020
Meditation

Durch die Natur schimmert die wahre Bestimmung der Schöpfung. | Foto: istock.com
  • Durch die Natur schimmert die wahre Bestimmung der Schöpfung.
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Gesegnet seist du, Materie

Materie, bezaubernd und stark; Materie, die liebkost und mannhaft macht; Materie, die bereichert und zerstört – im Vertrauen auf den himmlischen Einfluss, der deine Wasser duftend und rein gemacht hat, überlasse ich mich deinen mächtigen Schichten. Die Kraft Christi ist in dich übergegangen. Reiße mich durch deine Anziehung mit, nähre mich mit deinem Lebenssaft! Durch sein Losreißen mache mich frei! Und wolle mich schließlich durch dein ganzes Selbst vergöttlichen!
Pierre Teilhard de Chardin

Man hat den Christen oft genug vorgeworfen, sie blieben der Erde nicht treu, sie würden die irdische Wirklichkeit schlechtmachen und die Materie verachten.
Das ganze Lebenswerk Teilhard de Chardins ist von dem Gedanken durchzogen, unsere Liebe für die sichtbare Welt zu wecken, weil sich in ihr die Schönheit und Liebe Gottes zeigt. Hier ist der Raum unseres Daseins, hier werden wir mit tausend Gaben beschenkt, hier ist das Feld unserer Aufgaben und unserer Bewährung.
Auf seinen vielen Reisen durch die ganze Welt lernte er mit seinen Augen immer tiefer zu schauen, so dass er in allen Strukturen der sich verwandelnden Welt den schöpferischen Atem Gottes wahrnehmen konnte.
Wenn wir uns Gott als den Schaffenden und Wirkenden vorstellen, dann wird auch von uns erwartet, dass wir uns an dem großen Werk der Verwandlung der Erde beteiligen.
Teilhard de Chardin hat gewagt, einen Hymnus auf die Materie zu singen, er hat sich jubelnd zu dieser geheimnisvollen Mächtigkeit bekannt, die in den Atomen unserer Erde vorhanden ist:
Gesegnet seist du, machtvolle Materie, unwiderstehliche Evolution, immer neugeborene Wirklichkeit, du, die du in jedem Augenblick unsere Rahmen sprengst, uns zwingst, die Wahrheit immer weiter zu verfolgen … Ich grüße dich, harmonische Quelle der Seelen, klarer Kristall, aus dem das Neue Jerusalem gewonnen wird.
Wie können wir den Blick von der Natur abwenden, wenn doch gerade in ihr die wahre Bestimmung von Gottes Schöpfung hindurchschimmert? Nicht zufällig dürfen wir die Zeichen der göttlichen Zuwendung in der Form von Wasser und Öl, von Brot und Wein empfangen. Wir werden darin ernst genommen in unserer „materiellen“ Existenz, als Leibwesen, die gerade durch ihre körperliche Existenz auch den Atem des Geistes in den Dingen ahnen können.

Otto Betz, Die Kostbarkeit der Seele,
Vier-Türme-Velag

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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