4. Fastensonntag | 27. März 2022
Kommentar

Zuerst Party, dann Fest

Eine grandiose Geschichte erzählt das Lukasevangelium hier. Eine Parabel, die das Wesen des Menschen in seiner ganzen Bandbreite auffächert, die Tragik tiefster Abgründe ebenso wie die Größe, zu der wahre Liebe den Menschen befähigt. Zweimal wird darin ein Fest gefeiert. Doch der Charakter dieser Feste könnte unterschiedlicher nicht sein.

Das erste wird nur dezent angedeutet, indem gesagt wird, dass der Sohn in der Fremde ein zügelloses Leben führt und sein Vermögen verprasst. Er macht sein Leben zur Party und versucht, sich durch hedonistisches Vergnügen von seiner Haltlosigkeit abzulenken. In dem Bestreben, sich Aufmerksamkeit, Anerkennung und Liebe zu erkaufen, gerät er schnell an die Grenzen seiner Mittel. Er lebt nach dem Motto: „Koste es, was es wolle!“ Nachdem seine Ressourcen aufgebraucht sind, stürzt er ins tiefste Elend. Sein entwurzeltes und kurzsichtiges, selbstbezogenes Dasein spiegelt auffallend manche Charakteristika unserer heutigen Zivilisation, einer Party-Gesellschaft, die die Kapazitäten der Erde bis zur Erschöpfung ausreizt, ohne an die Zukunft zu denken.

Ganz anders ist das Wesen des Festes, das der Vater für den in tiefer Verzweiflung Heimgekehrten ausrichtet. Nicht oberflächlicher Spaß, sondern eine Freude, die aus der Tiefe des Herzens kommt, liegt diesem Fest zugrunde. Der Vater empfängt den tragisch gescheiterten Sohn ohne jeden Vorwurf, ohne Rechenschaft zu verlangen, mit ausgebreiteten Armen und drückt ihn an sich. Es ist ein Fest, das nicht für kurzzeitige Vergnügungen die Zukunft aufs Spiel setzt, sondern eines, das Leben und Zukunft ermöglicht.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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