5. Sonntag im Jahreskreis | 6. Februar 2022
Kommentar

Mit Wagemut neue Tiefen erkunden

Konstantin Wecker sinniert in einem Gedicht auf seinem letzten Album „Utopia“ über sein eigentliches Ich und sucht in einer leidenschaftlichen Selbstreflexion nach seinem innersten Wesen: „War ich mir je bekannt, oder ist alles / nur dem geschuldet, was man Muster nennt, / Gewohnheit, die sich besten Falles / nur immer wieder selbst erkennt / und dies als Selbsterkenntnis preist, / die sich aus Wohlbekanntem speist?“ Er fragt sich, wie oft in seinem Leben er wesentlich war, und spricht seine Sehnsucht an, „mich endlich einmal dem zu stellen, / was in mir ruht: den tiefsten Quellen.“

Den Fischer Simon aus Kafarnaum haben solche Gedanken wahrscheinlich nicht umgetrieben. Bei ihm ist es die Begegnung mit Jesus, die bewirkt, dass er aus dem Gewohnten ausbricht, und ihm Mut macht, sich hinauszuwagen in die Tiefe. Es ist Jesus, der ihn anstößt, sein wahres Wesen zu entdecken, nämlich nicht Fischer, sondern Menschenfischer zu sein. Was Simon mitbringt, um zum Petrus zu werden, ist vor allem ein tiefes Vertrauen in Jesus, selbst wenn das, was er von ihm will, all seiner Erfahrung spottet, und der Mut, weiter hinauszufahren, als er es jemals gewagt hat. Das Resultat ist so überwältigend, dass er gleich wieder Angst vor der eigenen Courage bekommt.

Das gilt auch für unseren Glauben und für unser Sein als Kirche: Wir dürfen uns nicht von Wohlbekanntem speisen und fruchtlose Tätigkeiten nach dem gleichen Schema fortsetzen, sondern müssen uns mutig auf das Wagnis einlassen, in neue Tiefen hinauszufahren.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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