Positionen
Wenn ich auf Zitatensuche bin

Bei der Vorbereitung auf die Sonntagspredigt oder einen zu schreibenden Artikel suche ich oft nach einem passenden Zitat in der Literatur. Das erfordert mitunter viel Geduld und vor allem Zeit.
„Du könntest das doch viel bequemer haben!“, sagte mir durchaus wohlwollend ein Kollege und verwies auf die Möglichkeit des Internets, wo man innerhalb kürzester Zeit auf ein entsprechendes Stichwort hin das erwünschte Zitat finden könne.
Und da denke ich an die Erfahrung eines Bergwanderers. Dieser kann dank der Gondel in wenigen Minuten auf dem Gipfel sein und die Rundsicht genießen. Er hat keine müden Beine, und sein Hemd ist nicht schweißdurchtränkt. Und vor allem hat er sich viel Zeit erspart.
Aber es gibt auch die andere Möglichkeit, den Berg zu erwandern und dabei Augen und Ohren offen zu halten für das, was ihm unterwegs begegnet; was er staunend wahrnimmt – die Margeriten, Glockenblumen und Lichtnelken auf der Wiese, das Zwitschern der Goldkehlchen, Finken und Amseln in den Bäumen und das wechselnde Sonnenlicht, das ihn begleitet.
Mir geht es ähnlich bei meiner Zitatensuche. Ich „wandere“ durch etliche Literaturvorlagen, stoße dabei auf noch unbekannte Texte, erfreue mich an Versen, die auf einmal wie neu klingen, und finde schließlich das Wort, das ich gesucht habe.
„Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein“, um Goethe zu zitieren, und ich denke, mein Suchen war keine
verlorene Zeit.

Alois Strohmaier

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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