Positionen - Leopold Neuhold
Welcher Blick hilft?

„Ich habe mir meine Meinung gebildet, stört mich nicht mit Tatsachen!“ So konnte man auf der Mauer einer Universität lesen. Damit scheint ein Motto der heutigen Zeit treffend angesprochen. Wir sind faktenmüde geworden, auch weil in ihnen nicht das festgemacht werden kann, was wir wollen, alles und jetzt. So negieren wir heroisch – oder ist es nicht schon dumm? – die tatsächlichen Vorgänge und Datenlagen, um uns eine Welt nach unserem Bild und zum Teil auch unserem Abbild zu schaffen. Wenn sich die Wirklichkeit nicht nach unserem Bild richtet: Es lassen sich schon Schuldige finden, die dafür namhaft gemacht werden können. Und wenn das schwierig ist: Wenigstens dagegen sein kann man!

Wir stehen am Anfang des Advents: Etwas kommt aus der Zukunft auf uns zu, will bei uns ankommen. Wir sind aber oft von dem besetzt, von dem wir glauben, es sei unsere Zukunft, dabei ist es die Vergangenheit. Und die Suche nach Schuldigen heftet uns an der Vergangenheit fest. Er macht uns eng, dieser Blick nach hinten, im Zorn, im Gegeneinander, in der Benennung dessen, was uns nicht passt. Trübe Tage der Anschuldigung schaffen eine dunkle Zeit ohne Ausweg.

Anstatt trennend nach hinten zu schauen, sollten wir vereinigend nach vorne blicken. Es ist nicht Vertröstung, über die Wirklichkeit hinauszuschauen, sondern es ist ein Teil der Lösung, das, was in Zukunft sein könnte, mit dem zu verbinden, was uns heute vorliegt.
Der Schein der Zukunft, Gott, der sich zur Erde beugt, kann unseren Blick auf eine Lösung wenden, nicht im Dagegen, sondern im Dafür zu dem, was für alle tragend sein kann.

Leopold Neuhold

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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