Positionen - Elisabeth Wimmer
Narren gefragt

Sie sind pfiffig und nehmen sich kein Blatt vor den Mund, manchmal benehmen sie sich schlecht. Sie treiben Schabernak oder trauen sich – mutig und lebensfremd – den Kampf gegen Windmühlenflügel zu. Wir kennen Narrenfiguren wie Till Eulenspiegel, Don Quijote oder das Kind, das sich in Andersens Märchen mit dem Ausruf „Der Kaiser ist ja nackt“ nicht um kaiserliche Autorität kümmert.

Der Narr ist wohl eine zwiespältige Gestalt. Man weiß nicht recht, woran man bei ihm ist. Er kann hinterlistig sein und Leute bloßstellen, legt aber auch den Finger auf gesellschaftliche Wunden und zeigt ernst zu nehmenden Veränderungsbedarf. Kluge Herrscher ließen sich, so heißt es, von Hofnarren beraten. Sie hofften, dass von ihnen eher Wahres zu erfahren war als von Untergebenen. Mitunter war der Narr als seltener Kritiker der Einzige, der ungestraft dem König die Wahrheit sagen durfte, er war vielleicht biblischen Propheten entfernt verwandt.

Und die Narrengestalten in unserer Zeit? Ist ihnen mehr Freizeit lieber als höherer Verdienst? Lernt erst Hans und nicht schon Hänschen? Kümmern sie sich um die, die nichts (mehr) leisten? Kleben sie an Stellen, wo wir sie nicht haben wollen? O ja, sie können uns auf die Palme bringen.

Wir hören nicht auf jeden Wirrkopf. Was aber, wenn uns etwas „Narrisches“ wirklich hilft, allzu Bekanntes einmal von einer anderen Seite anzuschauen? Auch wenn’s wehtut. Und außerdem brauchen wir ab und zu einfach ein wenig menschenfreundliche Blödelei – sozusagen als Lockerungsübung fürs Denken und Bewerten. Ein bisschen Entspannung für die Beurteilungsmuskeln.

Elisabeth Wimmer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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