Positionen - Leopold Neuhold
Ich glaube nicht!

„Bist du Atheist?“ – „Ich glaube nicht!“, die doppelt auslegbare Antwort. Angesichts einer Wissenschaft, die das Glauben durch Beweise zu ersetzen scheint, wird der Glaube in den Hintergrund gedrängt, wie manche meinen. Die Klage darüber, dass die Menschen heute nichts glauben, ist bei vielen einer Feststellung dieses Sachverhalts gewichen. Ein aufgeklärter Mensch glaubt doch nicht, er weiß. „Ich glaube nicht!“ kann so als Feststellung dafür aufgefasst werden, dass man Atheist ist. „Ich glaube nicht!“ könnte aber auch ein Ausdruck für die Unsicherheit sein, ob der Gefragte sich als Atheist sieht oder nicht, oder doch die starke Vermutung, dass er sich eben nicht für einen Atheisten hält.

Im Roman „Troubadour“ von Martin Walker sagt die Hauptfigur, der Polizeichef Bruno, an einer Stelle: „Ich habe einmal gelesen, dass, als die Leute nicht mehr an Gott glaubten, ihr Problem nicht darin bestand, an nichts mehr zu glauben, sondern darin, dass sie offen dafür waren, absolut alles zu glauben.“ Ein beredtes Bild dessen, was eine Konsequenz des Verlustes des Glaubens an Gott sein könnte: Sind wir nicht bereit, Verschiedenstes als gegeben hinzunehmen, wenn wir keinen Bezugspunkt haben, an dem wir Orientierung finden können?

Wenn man den Glauben zur Tür hinausjagt, kommt der Aberglaube zum Fenster herein. So heißt es in einem Sprichwort. Und es ist interessant, was sogenannte aufgeklärte Menschen heute glauben. Dabei bedeutet Glaube für sie Gewissheit in Bezug auf eine ungeprüfte Behauptung, nicht ein Mitgehen mit Gott im Hören auf das, was er uns sagen könnte und will.

Leopold Neuhold

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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