Positionen - Monika Prettenthaler
Getragen und tragend

„Ob wirklich passiert oder nicht, das ist egal. Hauptsache, dass die Geschichte wahr ist!“ Dieses Zitat von Erich Kästner bringt das auf den Punkt, worum es auch bei Legenden geht. Anders als ein Bericht, dessen Ziel die sachliche Information ist, erzählen Legenden von einer Wahrheit hinter den Dingen und von einer Wirklichkeit, die weit über exaktes Protokollieren hinausgeht.
So auch die Legende von Christophorus, die in vielen Versionen überliefert ist: Ein Mann, groß wie ein Riese, arbeitet als Fährmann an einem Fluss und kann wegen seiner gewaltigen Kraft auf Kahn oder Schiff verzichten. In einer stürmischen Nacht trägt er ein kleines Kind über den Fluss, das bei jedem Schritt schwerer wird. Völlig entkräftet erreicht er mit seinem Passagier das andere Ufer, und er erkennt im Gesicht des Kindes den König der Welt. Nun, nachdem er Christus getragen hat, soll das sein Name sein: Christophorus (griech. Christusträger).
Und die Wahrheit dieser Le-gende? In der Gestalt des Christophorus können wir so etwas wie eine Zusammenfassung des christlichen Menschenbildes sehen: Tragend sein und sich zugleich getragen wissen – das ist die Grundlage, um für an-dere da sein zu können, wenn diese Unterstützung brauchen. Gott auch im Kleinen finden und erkennen – das macht den legendären Heiligen zum Christusträger. Genau das kann auch heute Christinnen und Christen zu Christusträgerinnen und -trägern werden lassen, die mit Mut und Vertrauen unterwegs sind und stark genug, um sicher durch tiefes Wasser zu gehen und dabei auch Schwache und Schwächen zu (er)tragen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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