Positionen - Leopold Neuhold
Es geht etwas. Jetzt.

Ein Betrunkener torkelt durch die Gasse. Der Pfarrer redet ihm ins Gewissen: „Franz, du musst endlich mit dem Trinken aufhören.“ Der Betrunkene lallt: „Dazu ist es zu spät.“ Der Pfarrer eindringlich: „Dafür ist es nie zu spät!“ Die entlarvende Antwort: „Wenn es nie zu spät ist, dann kann es ja auch noch warten!“

Einerseits ist es zu spät, noch etwas zu tun, der Untergang steht vor der Tür. Weil dieser aber noch nicht ganz da ist, glaubt so mancher, zuwarten zu können, und das Tun wird wieder hinausgeschoben: ein Teufelskreis! Die Zeit drängt, und nichts geschieht! Auch deswegen, weil man davon ausgeht, dass sowieso alles nichts nützt.

Die daraus resultierende Einstellung wird mit dem Begriff Reaktanz zu beschreiben versucht. Damit ist eine Haltung der Verweigerung gemeint, ein ungerichteter Widerstand gegen alles. Dieser Weigerung liegen keine politischen oder moralischen Grundsätze zugrunde, sondern einfach: „Nicht mit mir, lasst mich in Ruhe, mit euch möchte ich nichts zu tun haben!“ Diese aggressive Ablehnung nährt sich auch aus dem Verlust der Kontrolle über das, was unser Leben bestimmt.

Um diesem Teufelskreis zu entkommen, brauchen wir Beispiele dafür, dass „etwas geht“. Solche Bestätigung kann man etwa aus dem Einsatz für Veränderungen im Kleinen beziehen, dort, wo wir die Wirkung des Handelns spüren.

Könnten nicht unsere kirchlichen Gruppen ein Ort sein, wo wir in gegenseitiger Stützung und in der Begegnung solche Räume schaffen, in denen „etwas geht“ und wir dieses Gefühl vermittelt bekommen? Es ist nicht zu spät, aber wir sollten schnell anfangen.

Leopold Neuhold

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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