Mutworte - Benno Elbs
Ein weiter See von Zuversicht

Foto: Pete Ionian

„Der Herr gibt es den Seinen im Schlaf“ (Ps 127,2). Über dieses Bibelwort wird gerne spöttisch gelächelt. Manchmal beinhaltet dieser Ausspruch auch die leise Kritik, dass sich jemand durchaus etwas engagierter einsetzen könnte. Doch der Schlaf ist eine fundamentale Quelle für Kraft, Regeneration und Kreativität.

Viele biblische Geschichten bringen zum Ausdruck, dass Schlaf auch ein Ort der Begegnung mit Gott sein kann. Es sind nämlich oft Träume, die eine Botschaft Gottes bringen, sie verändern Lebenswege. So ist der Schlaf auch eine Brücke zwischen Gott und den Menschen. Man könnte ihn vielleicht sogar als eine Art „Nabelschnur“ bezeichnen, die uns mit dem Göttlichen verbindet, einem Ort für Träume und Inspiration.

Auch medizinisch gesehen hat der Schlaf eine lebenswichtige Funktion. Menschen wie Tiere brauchen ihn zum Überleben. Darum wird Schlafentzug sogar als Foltermethode eingesetzt. Schlafmangel macht gefügig, raubt Orientierung, Kraft und Freiheit.

In der spirituellen Tradition verweist der Traum auf die ganzheitliche Dimension des Menschen. Er ist der bewussten Steuerung entzogen und dadurch besonders offen für Gottesbegegnung und den Aspekt der Gnade. So hat der Traum als „Hüter des Schlafes“ große Tradition in der Mystik. Auch beim Finden der persönlichen Berufung wird dem Traum hohe Bedeutung beigemessen. Der Schlaf ist ein weiter See von Zuversicht, in dem meine Seele täglich ruhen darf und muss.

Aus: „Werft eure Zuversicht nicht weg“, Verlag Tyrolia.
Benno Elbs ist Bischof der Diözese Feldkirch/Vorarlberg.

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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