Mutworte - Christa Carina Kokol
Ein Schnitt für Jugend und Schönheit

Manche Menschen lieben es, Bäume zu umarmen, um deren Kraft in sich aufzunehmen. Und das ganz unbeschadet – auch in Zeiten der Corona-Pandemie.
Bäume machen Mut, wenn wir uns im Leben schmerzhaft beschnitten fühlen: Das Frühjahr ist eine gute Zeit für den Obstbaumschnitt. Doch der harte Eingriff hinterlässt oft tiefe Baumwunden. Das Entfernen von Wassertrieben bringt zusätzlich einen schmerzvollen Verlust. Und auch auf eine neue Wuchsrichtung muss sich der Baum immer wieder einstellen.
All das geschieht aber nicht, um Bäume zu verletzen, kleiner zu machen oder gar zu Grunde zu richten. Das Gegenteil ist der Fall. Durch den Schnitt wird ein Baum nicht nur fruchtbarer, sondern auch größer und schöner. Der Schnitt verjüngt.
Beeindruckend ist auch das soziale Verhalten von Bäumen: Sie wachsen nicht bis „in den Himmel hinein“, sondern lassen anderen, die daneben stehen, ihren Platz zum Leben. Wenn notwendig, entziehen die einzelnen dem Boden weniger Nahrung als sonst. So haben alle genug. Nachahmenswert, auch wenn sich Bäume zu diesem „Schnitt“ vermutlich nicht durchringen müssen. Als Menschen sind wir auf unser Tun und Sein nicht festgelegt. Wir können über uns und unsere Instinkte und Triebe hinauswachsen, um als Mitschöpfende das Leben sinnvoll zu gestalten. Dabei wird mancher „Schnitt“ notwendig sein, der zwar schmerzt, aber auch verjüngt … Bei diesem Gedanken muss ich lächeln – und die Verjüngungskur beginnt.

Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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