Taufe des Herrn | 9. Jänner 2022
Meditation

Nicht vergebens gesucht

Kennen Sie die Geschichte vom vierten König? Eine Legende erzählt eine besondere Fassung der Geschichte der Heiligen Drei Könige. Demnach hatte sich neben Caspar, Melchior und Balthasar noch ein vierter König auf die Suche nach dem göttlichen Kind gemacht. Er will dem Jesuskind Edelsteine mitbringen. Auf seinem Weg, dem Stern folgend, begegneten ihm jedoch immer wieder Menschen in Not: ein verwaistes Kind, eine junge Witwe mit Familie, ein überfallenes Dorf in einem Kriegsgebiet, das vom Feind versklavt werden sollte …, und immer rührte es das Herz des vierten Königs, und er gab sein Bestes, um die Menschen zu retten und ihre Not zu lindern. Dabei verbrauchte er alle Edelsteine, die er Jesus bringen wollte.

Als er nichts mehr besaß, weil er auch sein Reittier verschenkt hatte, begab er sich, der Legende nach, sogar in Gefangenschaft, um einen Vater davor zu bewahren, auf einem Schiff versklavt zu werden. So erfuhr der vierte König Leid und Not am eigenen Leib und wurde älter und immer schwächer. Lange hatte er sich an die Hoffnung geklammert, das göttliche Kind doch noch zu finden, auch wenn er den Stern schon Jahrzehnte nicht mehr gesehen hatte. So schwand seine Hoffnung dahin.

Nach vielen Jahren wurde er aus der Gefangenschaft entlassen und ging in einem fremden Land schwach und krank von Bord. Da erschien ihm plötzlich wieder der Stern. Mit letzten Kräften kämpfte er sich den Berg hinauf in die Stadt, die der Stern ihm zeigte. Am Stadttor angekommen, fand er sich in einer großen Menschenmenge wieder. Auf einem Hügel vor der Stadt waren drei Kreuze aufgerichtet. Die Kräfte des vierten Königs ließen nach, und er spürte seinen nahenden Tod. Ihn überkam die bange Frage: „Muss ich sterben, ohne meinen Herrn gefunden zu haben?“

Da leuchtete der Stern über dem Kreuz in der Mitte auf. Der vierte König hob die Augen und blickte dem Mann am Kreuz ins Gesicht. Die Legende erzählt, dass Jesus zu ihm sagte: „Du hast mich getröstet, als ich jammerte, und gerettet, als ich in Lebensgefahr war; du hast mich gekleidet, als ich nackt war!“ und dann starb. Da habe der vierte König erkannt, dass er all die Jahre nicht vergebens gesucht hatte, sondern seinen Herrn gefunden hatte – öfter, als er sich je vorstellen konnte.

Nach einer russischen Legende.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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