18. Sonntag im Jahreskreis | 02.08.2020
Kommentar

Das Gute vermehrt sich im Tun
„Politik ist die Kunst des Möglichen.“ Diesen Ausspruch Otto von Bismarcks hat mein Geschichtelehrer im Gymnasium oft zitiert. Demnach wäre das, was bei der wunderbaren Speisung geschieht, ein zutiefst politisches Handeln. Jesus beherrscht die Kunst, das Mögliche, auch wenn es noch so wenig erscheint, voll und ganz auszuschöpfen. Er verwandelt ein Defizit in einen Überschuss. Davon träumt jeder Politiker.
Wie geht Jesus dabei vor? Es ist eine Frage der Entscheidung und des Blickwinkels. Jesus lässt nicht zu, dass jemand weggeschickt wird. In den letzten Monaten haben wir oft gehört: Niemand wird zurückgelassen. Doch allmählich treten die Skeptiker auf den Plan: Ob sich das ausgeht?
Während die Jünger ihren Blick auf das Wenige richten, das sie haben, und den Mangel wahrnehmen, sieht Jesus die Bedürfnisse der Menschen. Und er nimmt vertrauensvoll Gott in den Blick, der Größeres möglich macht, als wir uns vorstellen können, und spricht ein Gebet – kein Bittgebet, wohlgemerkt, sondern einen Lobpreis für das Vorhandene. Er zweifelt keinen Augenblick, dass es genug ist.
Vielleicht machen wir in der Politik wie auch in der Kirche den Fehler, dass wir zu sehr auf den Mangel fixiert sind, dass wir zu ängstlich unsere Besitzstände horten. Und wir vergessen dabei auf die Möglichkeiten Gottes und übersehen das Viele an Gutem, an Hilfsbereitschaft, an Solidarität, das in der Welt vorhanden ist. Die politische Botschaft dieses Evangeliums wäre dann: Einfach austeilen und darauf vertrauen, dass das Gute sich im Tun vermehrt.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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