2. Sonntag der Osterzeit | 24. April 2022
Kommentar

Berühr meine Wunden!

Mir ist der Apostel Thomas sehr sympathisch. Ich finde es nicht fair, ihn als „der Ungläubige“ abzukanzeln. Thomas ist sicher nicht leichtgläubig. Er ist einer, der kritisch nachfragt, der etwas wirklich begreifen will, bevor er sich davon überzeugen lässt. Gerade in Bezug auf die Auferstehung, die einerseits das zentrale Ereignis für den christlichen Glauben ist, andererseits sich aber – rational betrachtet – höchst unerwartbar und unvorstellbar zugetragen hat, ist es wichtig, sich auf seine eigene Erfahrung stützen zu können.

Thomas gibt sich nicht mit den Erzählungen seiner Freunde zufrieden. Ein Glaube aus zweiter Hand kommt für ihn nicht in Frage. Er möchte selbst mit dem Auferstandenen in Berührung kommen. Das ist keine theoretische Frage, sondern eine ganz existenzielle. Dabei geht es nicht um Argumente, sondern um eine lebendige Beziehung.
Das Schöne ist, dass Jesus dieses Bedürfnis sehr ernst nimmt und ihm soweit entgegenkommt, dass er glauben kann. Es zeugt von einer tiefen Beziehung zwischen beiden. Jesus kennt Thomas gut, er weiß um seine Lebensgeschichte, seinen Charakter, auch seine Verwundungen und Schwächen.

Thomas sucht gerade die Berührung mit den Wunden Jesu. Ein Auferstandener ohne Wunden wäre für ihn nicht derselbe Jesus, den er kennen und lieben gelernt hat. Auch das ist eine Auferstehungserfahrung, dass es möglich wird, Wunden zu zeigen. Und so wird die Berührung zwischen den Wunden Jesu und den Verwundungen des Thomas zum Fundament eines tragfähigen Glaubens an die Auferstehung.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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