2. Sonntag nach Weihnachten | 4. Jänner 2026
Kommentar - Bibel und Leben
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Der geistige Code
Wenn ich ein Buch lese, achte ich gerne darauf, wie der erste Satz formuliert ist. Manche Geschichten beginnen ganz banal, oft wird man mit dem Schauplatz der Handlung oder dem Wesen der Hauptfigur vertraut gemacht. Wahre Könner schaffen es mit wenigen Worten, die Neugier zu wecken und zum Weiterlesen zu animieren. Sie schaffen eine Sphäre des Geheimnisvollen.
Die wahrscheinlich berühmteste Eröffnung der Literaturgeschichte bietet das Johannesevangelium mit seinem rätselhaft mystischen Prolog. Es macht gleich das Wort selbst zum Protagonisten und vollzieht eine kühne Umkehrung unserer Vorstellung von Ursache und Wirkung, von Vorausgehendem und Nachfolgendem.
Das Wort ist hier kein Instrument zur Beschreibung einer schon vorhandenen
Wirklichkeit. Das Wort, von dem hier die Rede ist, wird hineingesprochen ins Nichts. Gottes Wort ruft den Kosmos ins Dasein. Das Wort, also eine geistige Größe, geht dem materiellen, dinglichen Universum voraus. Angesprochen vom Wort erwacht die Materie zum Leben, sie kommt ans Licht. Und dieser Hymnus erkennt im Gestaltungsprinzip und geistigen Code der ganzen Schöpfung Christus, der vor allem da ist und in allem lebt.
Alfred Jokesch
alfred.jokesch@sonntagsblatt.at
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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