Priester - Hobbys | Teil 04
Von den Stunden der Meditation am Hochsitz

Beim Anschießen. Zielübung am Beginn des Jagdjahres. | Foto: privat

Das SONNTAGSBLATT im Gespräch mit Pfarrer Ferdinand Köck, Graz-St. Peter.

Als Kaplan in Sinabelkirchen „habe ich bei einer Hubertusfeier stark bemerkt, dass man als Nichtjäger in diesem Kreis einfach nicht ganz akzeptiert ist.“ Ob das den Ausschlag dafür gegeben hat, dass sich bei Ferdinand Köck die Leidenschaft für das Waidwerk entwickelt hat? Mag sein. Außerdem hatte der heutige Pfarrer von Graz-St. Peter auch einen Onkel, der Jäger war. „Während meiner Studienzeit bin ich mit ihm immer gern mitgegangen.“ Schon damals ging es ihm um das gleiche wie heute.

Beim Jagen steht nicht der Abschuss, den man vielleicht machen kann, im Vordergrund. Es ist vielmehr ein ganz umfassendes Erlebnis: „Dabei gehen einem die Augen und die Ohren auf, eigentlich alle Sinne. Es ist bereichernd, wenn man so viel zum Schauen hat, man sieht so vieles, was anderen verborgen bleibt.“ Diese Beobachtungen haben besondere Qualität. „Wenn ich im Wald auf einem Hochsitz bin, fühle ich mich wie im Opernhaus.“ Da gibt es eine Privatvorstellung: „Ich bin dann der einzige Zuschauer, für den die Akteure auftreten.“ Junge Kitze zu beobachten, wenn sie die ersten Sprünge in die Welt tun, den Kampf starker Hirsche mit zu verfolgen oder eine Hahnbalz in aller Früh zu erleben. „Das erweckt bei mir Gefühle großer Dankbarkeit dem Schöpfer gegenüber, der diese Vielfalt schenkt.“

Es sind eigentlich Stunden der Meditation, die Ferdinand Köck im Wald und in den Bergen verbringt. Und viel Geduld lerne man beim Jagen. Es kann eben sein, dass man schon beim ersten Mal einen Schuss abgeben kann oder auch erst beim zehnten Mal, wenn man „auf den Bock geht“. Zu seinem 60. Geburtstag bekam Ferdinand Köck, der ein gern gesehener Jagdgast der Jagdgesellschaft St. Peter ist, einen 11-jährigen Hirsch geschenkt. Um ihn zu erlegen, musste er sich 18-mal auf den Weg machen. „Aber da ärgert man sich nicht, man erholt sich ja dabei und wird ganz ruhig.“

Vielen Menschen fehle heute das richtige Verständnis für die Jagd, meint Köck. Sie sehen nur durchgeknallte Schießwütige, die durch den Wald laufen. Für das, was Waidmänner und -frauen beständig zur Pflege des Wildes und der Natur leisten, haben sie keinen Blick. Der Großteil der Jagd dient ja eigentlich der Hege und dem Dienst an der Allgemeinheit. „Wenn ein Reh überfahren wird, räumt der Jäger es weg.“ In anderen Kulturen genießt die Jagd auch heute noch einen wesentlich höheren Stellenwert. Das konnte Köck im heurigen Urlaub in der Hudson Bay bei Toronto feststellen. „Bei den Eskimos sind die Jäger die angesehensten Menschen, weil sie die Nahrung bringen.“

Durch verschiedenes Brauchtum ist die Jagd stark mit dem Christentum verbunden. Ein Jäger wird am Grab mit dem „letzten Bruch“, einem Tannenzweig in Kreuzform, verabschiedet. Zum Fest ihres Schutzpatrons, des heiligen Hubertus, am 3. November blicken die Waidmänner auf einen Heiligen, der durch die Begegnung mit dem Gekreuzigten im Geweih eines Hirsches sein Leben geändert hat und zum leidenschaftlichen Verkünder des Evangeliums in den Ardennen wurde.

Gisela Remler

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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