Das Konzil wieder lesen | Teil 09
Recht auf religiöse Freiheit

Die Friedenstreffen in Assisi sind Ausdruck der Neuorientierung der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen nach dem 2. Vatikanischen Konzil. | Foto: KNA
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Diese Überzeugung bestimmt auch ganz selbstverständlich das Denken des Konzils. So heißt es in der Offenbarungskonstitution: „Die Tiefe der durch diese Offenbarung über Gott und das Heil des Menschen erschlossenen Wahrheit leuchtet uns auf in Christus, der zugleich der Mittler und die Fülle der Offenbarung ist.“ Das bedeutet aber nicht, dass das Konzil den anderen Religionen jede Wahrheitserkenntnis und jede Bedeutung für den Weg zu Gott abspricht.

Das Christentum und die anderen Weltreligionen
Über das Verhältnis zu den anderen Religionen spricht das Konzil in der Erklärung zum Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen (1965). Darin anerkennt das Konzil, dass „Gebote und Lehren“ anderer Religionen „nicht selten einen Strahl jener Wahrheit wiedergeben, die alle Menschen erleuchtet“. (NAe 2) Und weiter heißt es in diesem Dokument: „Die Kirche lehnt nichts von dem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist.“ (NAe 2) Das Konzil greift hier auf einen Gedanken zurück, der bereits in den ersten Jahrhunderten formuliert wurde. Er hat sich den Christen nahe gelegt, als sie in der griechischen Philosophie Gedanken entdeckten, die manchmal bis in den Wortlaut mit Aussagen der Heiligen Schrift übereinstimmten.

Anerkennen, was wahr und heilig ist
Damit vertritt das Konzil in seinen Dokumenten eine Position, die in der Theologie der Religionen als „religionstheologischer Inklusivismus“ bezeichnet wird. Dieser Inklusivismus geht davon aus, dass die Fülle der Wahrheit und des Heiles in Jesus Christus geoffenbart ist, dass aber Elemente der Wahrheit und des Heils auch außerhalb der Kirche gefunden werden können. Damit unterscheidet sich die Lehre der Kirche vom „religionstheologischen Pluralismus“, der davon ausgeht, dass die Wahrheitserkenntnis der großen Religionen prinzipiell gleichwertig ist und ebenso die von ihnen gelehrten Wege zum Heil. Aber das Konzil vertritt auch nicht den „religionstheologischen Exklusivismus“, der davon ausgeht, dass es außerhalb des Christentums keinerlei Wahrheit und Heilsmöglichkeit gibt.

Das Evangelium allen zugänglich machen
Aus der Lehre des Konzils ergeben sich zwei unterschiedliche Schlussfolgerungen. Erstens: Durch die Gnade Gottes haben alle Menschen (gleich in welcher Religion oder Weltanschauung) eine wirkliche Möglichkeit, den Weg zu Gott und die Gemeinschaft mit ihm zu finden. Zweitens: Nicht so klar ist, welche Rolle dabei den nichtchristlichen Religionen zukommt. Abgelehnt wird allerdings die Vorstellung, dass es sich um Heilswege handelt, die im Prinzip mit dem Christentum gleichwertig sind.
Deshalb geht das Konzil davon aus, dass die Kirche auch weiterhin eine Sendung hat: „Unablässig aber verkündet“ die Kirche „und muss sie verkünden Christus, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat“. (NAe 2) Die Kirche muss also allen Menschen die Möglichkeit geben, dass sie die Wahrheit, die Jesus Christus ist, erkennen können. So wird verständlich, dass das Konzil auch das Missionsdekret Ad gentes (1965) verabschiedet hat, in dem sich der lapidare Satz findet: „Die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch.“ (AG 2) Mit anderen Worten: Es gehört zum Wesen der Kirche, allen das Evangelium zugänglich zu machen.

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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