Zukunftsbild der steirischen Kirche | Teil 08
Loslassen, damit Neues entstehen kann

Von etwas Liebgewonnenem Abschied zu nehmen ist schwierig, aber Loslassen gehört zu unserem Leben dazu: berufliche Veränderungen, Ortswechsel durch Umzug, die Kinder, wenn sie erwachsen werden … Nur wer etwas loslässt, hat die Hände frei für etwas Neues. Im Loslassen steckt also eine große Chance, die oft übersehen wird. Wenn wir als Kirche in der Steiermark „bewusst in neuen Formen und Weisen leben“ sowie „neue Erfahrungsräume fördern“ (ZB 4) wollen, werden wir nicht darum herumkommen, manches loszulassen. Das erfordert auch einen bewussten Umgang mit dem Thema Abschied. Die Chance im Neuen zu entdecken darf niemals als eine Abwertung des Alten verstanden werden. Klar muss aber sein, dass Loslassen nie ohne Grund geschieht. Manche Formate oder Aktivitäten sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Sie werden nicht verstanden und wenig in Anspruch genommen. Loslassen erfordert letztlich Mut, aber es bietet eine riesige Chance für die Kirche im 21. Jahrhundert. Es eröffnet neue Wege und Räume, dass Gott für die Menschen auch weiterhin spürbar bleibt. Gott schenkt uns die Chance dazu! Es lohnt sich, zu reduzieren und sich auf die „ursprüngliche Frische des Evangeliums“ (Evangelii gaudium 11) zu besinnen. So kann Neues und Kreatives Platz in unserem Alltag finden.

Fragen:

  • Wo täte uns in der Gruppe, in der Pfarre, im Seelsorgeraum oder in der Einrichtung Loslassen gut und warum?
  • Was ist in unserem Tun in der Pfarre/Seelsorgeeinheit … wesentlich und was nicht?
  • Was würden wir in unserem Bereich gerne loslassen? Wer bzw. was hindert uns daran?
  • Wie und wo können wir in der Pfarre oder in der Einrichtung Platz machen, um das Evangelium in der Welt von heute zu verkünden?

Schreiben Sie gemeinsam alle Arbeitskreise, Veranstaltungen oder Projekte Ihrer Pfarre/Ihrer Einrichtung auf je ein Kärtchen. Zeichnen Sie auf ein Plakat eine sogenannte Vier-Felder-Matrix mit den zwei Achsen „Nutzen“ (senkrecht: niedrig bis hoch) und „Aufwand“ (waagerecht: hoch bis niedrig). Die vier Felder ergeben sich durch die Unterteilungen von hoch und niedrig auf den zwei Achsen. Ordnen Sie die einzelnen Kärtchen den vier Feldern zu. Nun erkennen Sie, welche Projekte, Veranstaltungen oder Arbeitskreise einen hohen Aufwand haben und wenig Nutzen bringen und somit losgelassen werden können.

Das Zukunftsbild konkret erlebt

Dipl. PA Andrea Schalk ist Pastoralassistentin in Hartberg und Pastoralverantwortliche des künftigen Seelsorgeraumes Hartberg.

Wenn die Seelsorge in Zukunft in Seelsorgeräumen organisiert wird, müssen die Menschen da Angst haben, dass Gewohntes und Liebgewordenes abgeschafft wird?
„Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“, schreibt der Evangelist Matthäus. Alle im Seelsorgeraum sind eingeladen, auf Schatzsuche zu gehen und sich zu überlegen: Was ist mir ein Herzensanliegen, und welchen persönlichen Beitrag kann ich dazu leisten?

Machen wir in den Pfarren oft Dinge nur, weil sie „immer“ schon gemacht wurden? Fragen wir zu wenig, warum wir etwas machen?
Wenn sich ein Brauch nicht verändert, wird er nicht mehr gebraucht und kommt ab! Deshalb sehe ich es als große Chance, gemeinsam dort hinzuschauen, wo manches „rennt“, weil es eben „immer“ schon gemacht wurde. Wir dürfen uns fragen: Stimmt es noch? Ist es viel- stimmig? Oder gibt hier nur einer den Ton an?

Warum ist es wichtig, manches in der Seelsorge zu verändern?
Wenn wir die Schätze unseres Glaubens und der kirchlichen Tradition entdeckt haben und wenn wir meinen, dass sie für uns in der heutigen Zeit gut sind, dann werden sie vielleicht ein neues Gesicht, eine neue Form der Lebendigkeit bekommen müssen, weil die Herausforderungen, die sozialen Gefüge, der Lebensstil, die Sprache, die Arbeitswelt, die Technik, die Mobilität und vieles andere nicht mehr so ist, wie es unsere Großeltern erlebt haben, beispielsweise die Vorbereitung auf die Sakramente, im Besonderen auf die Firmung.

Wofür würdest Du oder Deine Kolleginnen und Kollegen im pastoralen Dienst gerne mehr Zeit und Energie aufwenden können?
Begegnungen. Ich weiß schon, auch hier hat sich die Form im Laufe der Zeit verändert. Digitale Kommunikation ist heute nicht mehr wegzudenken, sie ermöglicht und ist Begegnung. Manches bedarf vielleicht einer neuen Definition, um den erwarteten Wert daraus schöpfen zu können. Unverändert erscheint mir die direkte persönliche Kontaktpflege mit Gott, und dafür möchte ich mir gerne mehr Zeit nehmen!

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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