Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 048
Gottes Liebe in Person

Rückkehr des verlorenen Sohnes, Rembrandt 1669 (Ausschnitt). | Foto: wga

Das Geheimnis seiner Person

In ihm begegnet uns eine einzigartige Gestalt, die Menschen in ihren Bann schlägt und in ihnen die Frage anstößt: Wer ist dieser Jesus? Auf diese Frage gibt das Christentum eine ebenso klare wie herausfordernde Antwort, indem es feststellt: Jesus Christus ist mehr als nur ein besonders begnadeter Mensch. Er ist Gottes Liebe in Person.

Wer ist dieser Jesus?
Die Jünger, die mit Jesus umherzogen, erlebten ihn in seiner ganzen Menschlichkeit. Sie beobachteten, dass er wie sie schlief und wachte, Freude, Angst und Trauer empfand, aß und trank. Gleichzeitig merkten sie, dass es mit diesem Jesus etwas Besonderes auf sich hatte. Sie spürten, dass er ein Charisma besaß, das andere Menschen in seinen Bann zog. Dieses Charisma hatte auch sie selbst bewogen, ihm zu folgen und dafür alles aufzugeben, was ihnen bislang wichtig gewesen war. Das Besondere dieses Jesus lag darin, dass er nicht nur von Gott erzählte wie andere Lehrer, sondern den Menschen in seiner Art, für sie da zu sein, einen neuen Zugang zu Gott eröffnete. Jesus sprach vom Heil, das Gott jetzt schon allen Menschen anbot. In der Begegnung mit ihm kam dieses Heil greifbar nahe. Diese Erfahrung machte die Faszination aus, die seine Person umgab.

Die Zeitgenossen Jesu sehen sich herausgefordert, das Außerordentliche, das ihnen in Jesus begegnete, zu begreifen. Dieser Umstand bleibt Jesus nicht verborgen. Er weiß, dass Menschen versuchen, sich ein Bild von ihm zu machen. Aus diesem Grund stellt er seinen Jüngern die Frage: „Für wen halten die Menschen mich?“ (vgl. Mk 8,27) Die Antwort, die er auf diese Frage erhält, ist vieldeutig: Die einen halten ihn für den wiedergekommenen Johannes den Täufer, andere betrachten ihn als den zurückgekehrten Elija, und wieder andere erkennen in ihm Jeremia oder einen anderen Propheten. Die Vielfalt dieser Deutungen zeigt, dass Jesus die Menschen an große Gestalten des Glaubens erinnert, ohne dass das Geheimnis seiner Person in einer von ihnen ihr Maß fände.

„Du bist der Messias, der Sohn Gottes!“
Während die Zuhörer Jesu noch nach Vergleichen suchen, mit denen sie sein Charisma fassen können, reift in seinen Jüngern die Erkenntnis, dass ihr Meister weder die „Reinkarnation“ Johannes des Täufers ist noch die des Elija, des Jeremia oder die irgendeines anderen Propheten. Sie erkennen, dass er überhaupt nicht im Rückgriff auf eine Person der Vergangenheit zu verstehen ist, da mit ihm etwas radikal Neues, Eigenes angebrochen ist. Der Darstellung des Matthäusevangeliums zufolge ist es Petrus, der – von Jesus danach befragt – diese Einsicht ausspricht, indem er bekennt: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Mt 16,16)

Mit dieser Antwort wendet Petrus zwei Würdetitel auf Jesus an, die beide betonen, dass mit Jesus nicht etwas Altes, Bekanntes noch einmal wiederkehrt, sondern etwas Neues anbricht. Im Messiastitel klingt an, dass Jesus der lang ersehnte Retter ist, der die Hoffnungen seines Volkes erfüllt. Die Bezeichnung „Sohn Gottes“ geht über die Messiastitulatur noch einmal hinaus. Sie reißt den Horizont auf für eine Wirklichkeit, die nicht nur für die Juden der Zeit Jesu, sondern auch für die Menschen der Moderne eine Herausforderung darstellt.

Die Haltung Jesu gegenüber dem Titel „Messias“ scheint merkwürdig zwiespältig zu sein. Zum einen erhebt er mit seiner Ankündigung, das Reich Gottes sei mit seinem persönlichen Kommen bereits angebrochen, eindeutig einen messianischen Anspruch. Zum anderen scheint er vor der ausdrücklichen Bezeichnung als Messias zurückzuweichen. Die Gründe dafür dürften klar sein: Jesus weiß, dass sich mit diesem Titel nicht nur die Erwartung eines Heilsbringers verbindet, der im Namen Gottes ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit errichten wird, sondern auch ganz konkrete politische Hoffnungen. So ist es nicht nur die Sorge vor möglichen Repressalien von Seiten der römischen Besatzungsmacht, die ihn davor zurückhält, sich ausdrücklich als „Messias“ zu bezeichnen, sondern wohl auch die Sorge vor einem möglichen engführenden Missverständnis seiner Botschaft.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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