Das Konzil wieder lesen | Teil 12
Das Konzil ernst nehmen

Abschluss des Konzils mit Papst Paul VI am 8. Dezember 1965. | Foto: KNA

Nach einem ersten Durchgang durch die Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils, wie er in dieser Serie unternommen wurde, sollen noch einige Anhaltspunkte formuliert werden für die Aufgabe, die immer noch und auch wieder neu angegangen werden muss. Dabei steht das Interesse im Vordergrund, das Konzil, seine Dokumente und Aussagen ernst zu nehmen. Und aus dem Glauben soll hinzugefügt werden: Das Konzil soll ernst genommen werden als eine Kirchenversammlung, die den Heiligen Geist erbeten hat, deren Teilnehmer – ob „progressiv“ oder „konservativ“ – also ehrlich bemüht waren, dem Geist Gottes zu entsprechen.

 

Das Konzil erst nehmen
Manche meinen, das Konzil sei nicht so wichtig, es sei nur ein – wie man sagt – „pastorales Konzil“ gewesen, dessen Gewicht in Sachen der kirchlichen Lehre gering ist. Dem muss widersprochen werden. Das Konzil musste keine dogmatischen Kontroversen klären – das stimmt. Aber es hat die kirchli-che Lehre mit hohem Gewicht, z. T. in so genannten „Dogmatischen Konstitutionen“ vorgelegt. Noch extremere Stimmen (etwa in der Gruppe um Erzbischof Lefebvre) vertreten sogar die Auffassung, das Konzil sei vom katholischen Glauben abgewichen. Dem widerspricht alles – die Autorität der Bischöfe und des Papstes damals und heute. Deshalb ist es zuallererst notwendig, die Konzilstexte selbst zu lesen und zu kennen. Der kommende 50. Jahrestag der Eröffnung des Konzils kann dazu ein guter Anfang sein – nicht nur für Theologen. Ein solches Studium kann durch summarische Hinweise auf das Konzil und seinen Geist nicht ersetzt werden.

 

Den anderen retten
In der Auseinandersetzung zwischen „progressiv“ und „konservativ“ ist vor allem in Erinnerung zu rufen, was Ignatius von Loyola in seinem Exerzitienbuch formuliert hat: Man soll immer versuchen, die Meinung des Gesprächspartners „zu retten“ (EB 22). Das heißt, man soll die wohlwollendste Interpretation der Stellungnahme des anderen versuchen – nur so wird man entdecken können, welche gültigen Einsichten auch in einer Stellungnahme verborgen sind, die ich vielleicht nicht möchte. Und die Fragen, um die es im Umkreis des Konzils und heute in der Kirche geht, sind so, dass jedes ‚Körnchen Wahrheit‘ gebraucht wird – nichts soll in voreiliger Polemik verloren gehen. Ja noch mehr: Wie für das Leben der Kirche im Allgemeinen, so braucht es auch bei der Interpretation des Konzils eine „Spiritualität der Gemeinschaft“ (Johannes Paul II. in Novo millennio ineunte), die das Gebot der gegenseitigen Liebe auch in der Diskussion um das Konzil beachtet und nicht der vermeintlich guten Sache (Zeitgemäßheit, Rechtgläubigkeit usw.) opfert.

 

Auf der Basis des Konzils – heute
Natürlich hat es seit dem Konzil gesellschaftliche Umwälzungen und auch Fortschritte in der theologischen Arbeit gegeben. Daraus folgt zweierlei: Wenn heute auf der Basis des Konzils neue Einsichten formuliert werden, dann soll man dafür nicht den Geist des Konzils bemühen – wir wissen nicht, wie die Konzilsväter heute entschieden hätten. Heute ist die heutige Kirche „an der Reihe“. Aber es gilt auch das andere: „Es ist nicht unsere Aufgabe, diesen kostbaren Schatz nur zu bewahren, als ob wir uns einzig für das interessieren, was alt ist, sondern wir wollen jetzt freudig und furchtlos an das Werk gehen, das unsere Zeit erfordert, und den Weg fortsetzen, den die Kirche seit zwanzig Jahrhunderten zurückgelegt hat.“ (Johannes XXIII. in der Eröffnungsrede.)

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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