Positionen - Elisabeth Wimmer
Wes Geistes Blick?

An vielen Orten wurden nun Denkmäler gestürzt, entfernt oder zerstört, zum Verschwinden gebracht: womöglich in tiefen Kellern – was wir nicht hoffen wollen, denn das Verbannen unerwünschter Mächte in unbeleuchtete Winkel hat der menschlichen Seele noch kaum einmal gutgetan; das gilt als verlässliche Erfahrung.
Es waren stolze Standbilder von Akteuren denkwürdiger Taten, die man zur Errichtungszeit bedeutsam fand und wohl anders bewertet hat, als wir es heute tun. Wohltäter, die von der Sklavenwirtschaft profitiert, Stadtgründer, die Ureinwohner vertrieben hatten, Heldenmäler von Rassisten.
Die Geschichte verändert Menschen, die wiederum neue Schritte setzen und neue Zeiten bauen – durch Lernen, Versäumen und Wieder-Tun. Ist es für das Lernen wirklich hilfreich, die Denkmäler ungerechter Helden verschwinden zu lassen? Wollen wir uns die Geschichte zurechtvergessen?
Die Bildmäler zeigen und verschweigen, sie stellen frühere Zeiten vor Augen und verstellen uns gleichzeitig die Sicht. Sie tragen Botschaften durch Jahrhunderte und können gleichzeitig unser Denken trügen. Selbst das Kreuz, uns Zeichen der Erlösung, vermag die Namen derer zu verbergen, die in seinem Namen gelitten haben. Auch Bilder im Kopf wirken – und lassen sich vermutlich schwerer korrigieren als solche aus Gusseisen oder Stein.
Denkmäler fordern einen unterscheidenden Blick, einen gerichteten Geist, der weiß, was er nicht verschweigen will. Der das Atmen der damals beteiligten Menschen spüren lässt und sie die Kellertreppe heraufführt ans Licht.

Elisabeth Wímmer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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