Offen gesagt - Angelika Döller
Traurig sein dürfen

Foto: privat

Wie gehen Sie in Ihrer Tätigkeit als Begräbnisleiterin damit um, Menschen in Trauer zu begleiten?

Im Ritual des christlichen Begräbnisses spüre ich zwei Seiten: Da sind einerseits die trauernden Angehörigen in den Kirchenbänken, und andererseits die oder der Verstorbene mit ihrer oder seiner einmaligen Lebensgeschichte. Und dann ist da die Schwelle des Todes, jene dünne Trennlinie zwischen dem Raum der Lebenden und dem Raum der Toten, jene Trennlinie, welche durch den geschmückten Sarg mit dem toten Körper oder die Urne mit der Asche symbolisiert wird.
Nie spüre ich die Verbundenheit mit dem Diesseits und dem Jenseits stärker als im Feiern der christlichen Begräbnisliturgie. Sie ist trostreich und gleichzeitig eine Ermutigung: Du darfst jetzt traurig sein, und mit Deiner Trauer beschreitest Du einen Weg. Eine ganze Palette an Gefühlen erwartet Dich auf diesem Weg. Wenn Du willst, gehe ich ein Stück mit Dir. So wie Du Deine Trauer ausdrücken willst, höre ich dir zu. Die Einmaligkeit Deiner Geschichte bereichert mich. Ich achte darauf, Dich nicht zu drängen, den nächsten Schritt zu tun. Vielleicht brauchst Du ja noch einmal einen Schritt zurück. Aber immer möchte ich Dir vermitteln, dass Du nicht allein bist.

Angelika Döller
ist Begräbnisleiterin in Kumberg, Begleiterin von Trauerspaziergängen im Friedwald Kumberg und ehrenamtliche Hospizbegleiterin.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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