Positionen - Elisabeth Wimmer
Segne die Weite in mir

Rund um Pfingsten gab es mehrere Veranstaltungen, die dem Ermutigen, Zuhören, Skizzieren von Visionen und Überwinden von Spaltung und Ich-Bezogenheit gewidmet waren. Weizer Pfingstvision, Pfingstdialog „Geist & Gegenwart“, Pfingstkongress „Vom Ich zum Wir – Wege aus einer gespaltenen Gesellschaft“ mit Beteiligten aus sehr unterschiedlichen Bereichen. Jeder Versuch, verbindende Wege zu bauen, ist willkommen, aus welcher „Ecke“ er auch kommen mag. Spaltung im Land überwinden, wir spüren, dass das nottut.
Bevor Spaltung wird, sind Kommunikations-Blasen – und die wurden nicht erst von den Social Media erfunden. Sicher brauchen wir Geborgenheit mit Gleichgesinnten, sie stärkt uns; ein Gespräch mit Andersdenkenden hingegen mag mehr Kraft kosten oder gar ängstigen.
Das kleine Gebet kam punktgenau zum Pfingstfest. Sue M. Kidd legt es im Roman „Das Buch Ana“ einer jüdischen Frau in den Mund: „Segne die Weite in mir, ganz gleich, wie sehr ich sie fürchte.“ Die Worte atmen eine Sehnsucht, die sich im Sogwind der Pfingsterzählung einem lebhaften Geist anvertraut. Sie rufen nach einem bodennahen „Trau-Dich.“ Mit Punkt, nicht mit Rufzeichen.
Wie eine Anrufung des Pfingstgeistes legt das Gebet Sehnsucht und Zögern in den Zwischenraum, der die Weite in uns mit der Weite des Himmels verbindet. Womöglich ist er es, den die christliche Glaubenslehre mitten im Gottesbild sieht: einen dreieinen Beziehungszwischenraum, als wäre er Gottes eigenes Geheimnis – und der sich auftut für Sehnsucht und Zögern der Menschen.

Elisabeth Wimmer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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