Positionen - Astrid Kury
Schöne Spuren

Seit einiger Zeit bewegt mich das Buch „Tending The Wild“, in dem M. Kat Anderson beschreibt, wie die Fülle der kalifornischen Natur durch die Pflege und Sorge der indigenen Bevölkerung entstand. Keine sich selbst überlassene Wildnis also, sondern das Ergebnis vieler schöner Spuren der dort lebenden Menschen. Wir sind da, auf der Erde, so zitiert sie die Navajo, um die Schönheit wiederherzustellen. Das Gegenteil lässt sich eigenartigerweise viel leichter vorstellen: eine Spur der Verwüstung und Zerstörung ziehen. Das ist ein be-kanntes und aufwühlendes Bild. Auch im Umgang mit der Verarmung des Lebens insgesamt, ökologisch, sozial, und nicht zuletzt zwischenmenschlich.

Wie aber bildet sich die schöne Pflege von Beziehungen ab? Als sorgende Verbindung zur Natur, zu Menschen, zum Leben, zur Welt, denn es scheint der Unterschied dazwischen nicht so grundlegend zu sein. Meine Oma gestaltete einen Garten von solch berührender Fülle, dass alle, auch noch viele Jahre nach ihrem Tod, sich erinnern, wie schön es darin war. Wenn man Schönheit erfährt, und das ist in vielen kleinen Momenten möglich, dann ist in diesem Moment alles richtig, und es gibt keine Fragen. Aber man kann die Schönheit nicht nebenbei erleben, man muss sich ihr bewusst zuwenden. Sich zu bemühen, auch selbst eine schöne Spur zu hinterlassen, das scheint mir gerade jetzt so wichtig.

Was im Kleinen vernachlässigt wird, wie soll es im Großen gelingen? Wie sollen wir die kommenden Verwerfungen verantwortungsvoll bewältigen, uns engagieren für alles, was uns wichtig ist, wenn wir uns nicht auch dem Glück des Bewunderns und des Sorgetragens öffnen?

Astrid Kury

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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