Mutworte - Anna Schreiber
Raus aus dem Gefecht

„Meine Frau und ich hatten einen lauten, heftigen Streit. Irgendwann schrie sie mich an, dass sie die Scheidung wolle. Ich brüllte völlig geschockt zurück: Aber gerne! – Seitdem ist bei uns Funkstille.“
Das ist ja ein schönes Schlamassel! Keiner von Ihnen beiden hat es gewollt – und nun ist es geschehen! Wie kommen Sie da wieder raus, ist die Frage.
Das ist so eine Sache mit dem ausgesprochenen Wort „Scheidung“. Es kann im „Gefecht“ – und den Kriegsbegriff verwende ich bewusst, denn ein heftiger Streit kann sich wie eine Kampfhandlung anfühlen – als Waffe verwendet werden. Es ist eine schwere Waffe. Mit dem Begriff Scheidung geht Ernsthaftigkeit einher. Ein heftiger Streit ist nicht ernsthaft, er ist hoch emotional. Hinter der Emotionalität steht Verzweiflung, Hilflosigkeit, vielleicht Ohnmacht oder Aussichtslosigkeit. Weil wir das so schlecht aushalten, versuchen wir uns zu wehren, und da kann der Impuls entstehen, das Gegenüber zu verletzen. In genau diesem Moment ist das Mittel der Wahl, sich erst mal selbst „runterzuregeln“, sich zu beruhigen. Das hat bei Ihnen beiden während des Streits nicht geklappt.
Was ich Ihnen daher mitgeben möchte: Nehmen Sie die Verantwortung für das, was Sie gesagt haben, auf sich. Lassen Sie Ihre Frau wissen, dass Sie das gar nicht haben sagen wollen und schon gar nicht gemeint haben. Und ganz wichtig, vereinbaren Sie beide, das Wort Scheidung in keinem Streit zu verwenden, egal wie hoch es hergehen mag. Es ist zu ernst. Und am Allerwichtigsten: Küssen Sie sich! Worte werden oft überbewertet.

Dipl.-Psych. Anna Schreiber
ist Psychotherapeutin in Karlsruhe.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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