Offen gesagt - Johannes Schiller
Raum für Gottes Wort

Foto: privat

Kommt das Alte Testament in unseren Gottesdiensten zu kurz?

Während das Neue Testament innerhalb weniger Jahrzehnte entstanden ist, spiegeln sich im Alten Testament die Erfahrungen vieler Jahrhunderte. Das Weiterdenken einmal gefundener Antworten, die Neubesinnung angesichts veränderter Umstände bewahrte dem Buch seine Lebensnähe.
Wenn am Sonntag regelmäßig auf die alttestamentliche Lesung verzichtet wird, nimmt sich die Kirche die Chance, von dieser Lebensfülle zu profitieren. Doch auch wenn aus dem Alten Testament vorgelesen wird, erweckt die Auswahl der Texte oft den Eindruck, als wäre die eigentliche, hellere, erfüllte Botschaft im Neuen Testament zu finden. Dazu kommt, dass die Texte im Lektionar nicht selten (wie z. B. am vergangenen Sonntag, 19. Jänner) in verstümmelter Form vorkommen.
Dagegen bieten diese alten und lebens-satten Texte jede Menge Gelegenheit, sich mit der Realität in allen Facetten auseinanderzusetzen. Wenn wir ihnen in unseren Gottesdiensten (auch in der Predigt!) wieder mehr Raum geben, wird unser Reden von und zu Gott farbenfroher und authentischer.
Mit den vielfältigen und sich zum Teil widersprechenden Stimmen der Bibel ernsthaft umzugehen, ist zugleich ein wichtiger Dienst an einer Gesellschaft, in der Populisten alles daran setzen, ihre einfachen Antworten unter die Leute zu bringen.

Johannes Schiller
ist Assistenzprofessor am Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch Theologischen Fakultät Graz.

Autor:

Ingrid Hohl aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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