Mutworte - Christa Carina Kokol
Mehr als ein Tropfen Taufwasser

Foto: Neuhold

Nur kurz hineinschauen wollte ich in eine niederösterreichische Pfarrkirche. Da landete ich mitten in einem Gottesdienst, wobei mir die Stimme des dortigen Pfarrers (?) äußerst bekannt vorkam. Doch es war nicht der Pfarrer, der angesichts der Flüchtlingstragödien predigte, sondern Kardinal Christoph Schönborn. Darauf setzte sich eine kleine Prozession in Gang – geradewegs zu mir – oder besser zum Taufbecken, neben dem ich zufällig Platz gefunden hatte.
Ein etwa vierjähriger dunkelhaariger Junge im weißen Hemdchen stand im Mittelpunkt des Geschehens. Seine Eltern sind vor einigen Jahren auf dramatische Weise aus Syrien geflüchtet. Die Mutter, damals hochschwanger, erkrankte schwer, und es war ungewiss, ob sie überhaupt überleben würde. Noch schlechter standen die Prognosen für das Kind. Und jetzt wird dieses Kind, heute ein gesunder fröhlicher Bub, vom Kardinal getauft.
Gemeinde und Pfarre haben gemeinsam die Patenschaft übernommen, und der Mutter wurde eine gute medizinische Behandlung ermöglicht. Angesichts von Millionen an Flüchtlingen ist diese Hilfe doch nicht einmal „ein Tropfen auf den heißen Stein“, könnte man meinen. Ja, allen können sie nicht helfen, das wussten auch die Menschen der Gemeinde, aber dieser einen Flüchtlingsfamilie schon. Nach dem Eintauchen in das Taufwasser musste der strahlende Bub ganz ordentlich trocken gelegt werde. Und das Taufwasser war mehr als „ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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