Positionen - Elisabeth Wimmer
Klug? Wach.

Was braucht ein Mensch, um klug zu sein? Aufmerksamkeit gegenüber der Wirklichkeit, sagte Clemens Sedmak im Stift Admont. Eine kleine, nachdenkliche Gesprächsrunde zur Klugheit gab es dort für die ORF-Sendung „kreuz und quer gedacht“. Ein Tor wird genannt, wer die Wirklichkeit nicht aufmerksam wahrnimmt, sagte Sedmak mit Hinweis auf den mittelalterlichen Denker Thomas von Aquin. Ein „Tor“? Torheit, das ist Abstumpfung der Sinne. Das ließ mich aufhorchen.
Aufmerksam sein für das, was uns in der Wirklichkeit begegnet: Klingt eh selbstverständlich, ist es aber wirklich so einfach? Hinschauen, wahrnehmen, mitkriegen, was ist. Sich berühren lassen, antworten mit Zustimmung oder Auflehnung. Resonanz geben. Halbwegs unvoreingenommen erwarten, was kommt. Nicht eh vorher schon wissen, was die Person mir gegenüber sagen, tun oder lassen wird … Für das, was wir noch gar nicht ahnen oder wünschen können, halten aufmerksame Sinne einen Platz frei.
So gesehen hat Klugheit nicht nur mit Problemlösen und Ziel-Erreichen zu tun. Sondern auch mit Wachsein, um in großen und kleinen Lebensmomenten die Leerstelle nicht zu übersehen, die nicht von mir selbst gefüllt werden kann. Dort kann etwas Platz nehmen, was im eigenen Denken und Wissen bisher noch nicht vorgekommen ist, was man „noch nie so gesehen“ hat, wir uns in Beziehungen nicht selbst geben können und manchmal in Gemeinschaft „einfach so entsteht“. Was einen Schimmer auf manche Augenblicke legt und uns an den Himmel glauben lässt. Klugheit ist dann wie Gastfreundschaft – für das Geschenk von außen.

Elisabeth Wimmer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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