Positionen - Gerhard Rechberger
Dem Rad in die Speichen greifen

Wenn ein Betrunkener mit seinem Auto durch die Stadt rast und auf den Gehsteig gerät, kann es doch nicht unsere einzige Aufgabe sein, die Opfer des Wahnsinnigen zu beerdigen und die Angehörigen zu trösten, sondern dem Betrunkenen das Steuer zu entreißen. Mit einem so deutlichen Vergleich drückt Dietrich Bonhoeffer die dringende Notwendigkeit aus, dem sinnlosen Morden des Hitler-Regimes ein Ende zu bereiten. Bonhoeffer war in der Widerstandsbewegung tätig, die im gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 ihren Höhepunkt fand. Bonhoeffer war bereits ab 1943 im Gefängnis und wurde schließlich am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg durch Erhängen getötet.

Wie ohnmächtig fühlen wir uns angesichts des brutalen Krieges gegen die Ukraine. Wie kann man hier „dem Rad in die Speichen greifen“? Wie kann man diesen so viel Leid und Zerstörung verursachenden Krieg beenden? Die mutige russische TV-Mitarbeiterin mit dem Plakat „NO WAR“ hat Hoffnung geweckt. Aber bisher konnten weder die Aufrufe der Staatsmänner noch die Sanktionen dieses Elend beenden.

Unser Glaube kann uns Zustimmungskraft geben zu einem Leben mit allen Mängeln und Schatten. Aber manchmal muss der Glaube auch Widerstandskraft geben, wenn wir spüren, dass es so nicht weitergehen darf. Dies gilt für alle Bereiche des Lebens, ob in der Gesellschaft, in der Kirche oder im Zusammenleben. Auch ich selber wünsche mir mehr Mut, um dem Rad in die Speichen zu greifen, wo es Not-wendend ist.

Gerhard Rechberger

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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