Positionen - Alois Strohmaier
Das Kruzifix – eine Rarität?

Im deutschen und seit kurzer Zeit auch im österreichischen (ServusTV) Fernsehen gibt es eine beliebte Sendung: „Bares für Rares“, eine sogenannte Trödel-Show mit Willi Gabalier. Antiquitäten, Schmuckstücke aus Großmutters Schatzkästchen, im Dachboden gelagerte Möbelstücke werden von Experten auf ihren Wert geschätzt und anschließend kaufwilligen Zwischenhändlern gegen bares Geld angeboten.
Unter den Raritäten finden sich gelegentlich auch Andachtsgegenstände, Weihbrunnkessel, Madonnenbilder und Kruzifixe. Ein Kreuz etwa, das im Herrgottswinkel der Bauernstube hing, unter dem sich Familien durch Generationen zum Mittagsmahl versammelten und zu dem Alte und Kranke voll Hoffnung, aber auch innerer Ergebung aufblickten. Dieses Kreuz – aus Holz geschnitzt und bisweilen vielleicht schon ein bisschen wurmstichig; dieses Kreuz, sehr oft als kleines Schmuckstück in Blattgold oder Edelsteine gefasst – eine Rarität, die kaufwilligen etliche Banknoten wert ist?
Der Schweizer Dichter Konrad Ferdinand Meyer († 1898) lässt einen Sterbenden mit Blick auf das Kreuz sagen: „Je länger ich’s betrachte, wird die Last mir abgenommen, ... denn statt des einen leiden unserer zwei: mein dorngekrönter Bruder steht mir bei.“
Der Blick auf das Kreuz kann in schweren Tagen und Stunden eine Sinngebung bieten, die zwar nicht vom Leid befreit, aber den Menschen durch das Leid hindurch begleitet und schließlich in das Bekenntnis der Karfreitagsliturgie mündet: „Heil’ges Kreuz, du Siegeszeichen“ (Gotteslob 823).

Alois Strohmaier

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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