Positionen - Alois Strohmaier
„Bitte, Mama, erzähl eine Geschichte!“

Der verstorbene Tiroler Altbischof Reinhold Stecher bedauert in seinem Buch „Spätlese“, dass es immer weniger Menschen gibt, „die erzählen können“.
Vor etlichen Jahren gedachte die Steiermark des 170. Geburtstages von Peter Rosegger. Zahlreiche Blasmusik- und Trachtenumzüge umrahmten das Jubiläum. Wohl nur wenige Teilnehmer an den Festivitäten haben auch nur eine Zeile aus dem umfangreichen kritischen Schrifttum Roseggers gelesen, aber den meisten ist die eine oder andere Erzählung aus dem Leben des „Waldbauernbuben“ vertraut. Geschichten wie „Als ich Christtagsfreude holen ging“ liest und hört man auch heute gerne. Rosegger war ein wunderbarer Erzähler.
Für mich war aber auch meine Mutter eine große Erzählerin. Wenn sie am Feld Unkraut jätend arbeitete, hockten mein kleiner Bruder und ich dicht daneben und baten: „Bitte, Mama, erzähl eine Geschichte!“ Und die Mutter begann zu erzählen. Der Schatz aus ihrer Erinnerung und Fantasie war schier unerschöpflich. „Und nachher? Wie is’ weiterg’angen?“, ließen wir nicht locker, wenn sie eine Pause einlegte.
War nicht Jesus ein besonderer Erzähler? Er kleidete seine Botschaft vom Himmelreich und dem Weg dorthin in Gleichnisgeschichten. Denken wir an die Erzählung vom barmherzigen Vater oder vom König, der zum Hochzeitsmahl einlud. Oder denken wir an die Gleichnisse vom barmherzigen Samariter oder dem Sämann …
„Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen“ (Mk 4,34). Und verkündete das Wort, „so wie sie es aufnehmen konnten“.

Alois Strohmaier

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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