Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Begegnung in der U-Bahn

Der seinerzeitige französische Außenminister Robert Schumann trat einmal in der Metro einer Dame unabsichtlich auf den Fuß. Diese fuhr ihn barsch an, warum er nicht besser aufpasse. Dann schaute sie auf, und als sie sein Gesicht sah, entschuldigte sie sich zerknirscht und meinte: Verzeihen Sie meine rüde Ausdrucksweise, aber ich habe geglaubt, es ist mein Mann.
Robert Schumann gehört zu den Gründervätern der Europäischen Union, deren erster Vorläufer, die Montanunion, vor 70 Jahren gegründet wurde. Der Christ, Politiker und Verfechter von Versöhnung, der sehr gut mehrere Sprachen beherrschte, steht an der Wiege des europäischen Friedensprojektes EU.
Vielleicht beginnt das große Miteinander, wie Europa es braucht, in der Metro. Vielleicht beginnt es mit jenem Respekt, dem wir auch den Nahestehenden zu zollen haben. Vielleicht beginnt es bei jenem Füreinander, das uns Bilder aus vielen Ländern in der Corona-Krise gezeigt haben.
Freilich hat auch diese Krise Stimmen laut werden lassen, die an Europa zweifeln. Mit der Gründung ist es eben nicht getan. An einem geeinten Europa mit einer auch politisch wirksamen Kultur des Miteinanders ist immer neu zu arbeiten. Persönlichkeiten vom Format eines Robert Schumann sind da auch in unserer Zeit gefragt.
Als Österreich nach den Weltkriegen aus den Trümmern hervorkam, kam es sehr darauf an, dass die Menschen an dieses Österreich glauben. 1945 gelang dies besser als 1918. Der Glaube an ein Friedensprojekt Europa ist 2020 trotz Krisen gefragt.

Herbert Meßner, Chefredakteur

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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