Mutworte - Christa Carina Kokol
Alles Glück ist religiös

Wie oft wurde Ihnen auf der Straße, im Geschäft, bei der Arbeit „viel Glück fürs neue Jahr“ gewünscht? Zehn, zwanzig, dreißig Mal …? Und selbst wenn manche dieser Wünsche eher floskelhaft wirken, ist es ermutigend, dass Menschen einander Gutes zusagen.
Unsere Glückwünsche werden zu einem Zeichen, einem Signum, das sich von Segen ableitet. Und „segnen“, aus dem lateinischen „benedicere“, heißt so viel wie „von jemandem gut sprechen, ihn loben“. Eine besonders feine, sinnerfüllte und segensreiche Form des Glückwunsches.
Allein dass der Mensch die Sinnfrage stellt, heißt für den bekanntesten Wissenschaftler der Neuzeit, Albert Einstein, „religiös“ zu sein. Einer, der sich einst als Atheist und später als Agnostiker bezeichnete, sieht sich heute als hoffnungslos glaubender Zweifler: Für Michel Houellebecq, Enfant Terrible der französischen Literatur, ist Religion jene Kraft, durch die sich der Mensch „mit der Welt in Verbindung fühlt“ und nicht als „Fremder in einer gleichgültigen Welt“ lebt. Den Atheismus vergleicht er mit einem „nicht enden wollenden Winter“ und resümiert daraus, dass „alles Glück seinem Wesen nach religiös ist“.
Erinnern Sie sich noch an meine ohne Erwartung (!) verschenkte Keksdose? Gleich drei gefüllte kehrten zurück. Glück gehabt! Das Glück liegt aber vor allem darin, dass es Menschen gibt, denen wir danken und die wir loben können – nicht nur wegen ihrer Backkünste. Das ist ein Segen.

Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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