Mutworte - Josef Promitzer
Abends an deinem Bett
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Manchmal bringe ich meine Neffen ins Bett. Dazu gehören eine Gute-Nacht-Geschichte sowie das Abendgebet. Dabei denken wir über den Tag nach und sagen Danke für alles, was schön war. Wir beten auch für andere Menschen.
Als mein älterer Neffe noch klein war, bat er Gott darum, auf alle aufzupassen, die schon von uns gegangen sind. Das klang so: „Ich bitte für Tante Anni, Tante Gretl, Onkel Hans – und Mozart!“ Wobei er eine nachdenkliche Miene aufsetzte und mir erklärte: „Weißt du, Mozart ist schon gestorben.“ Daran musste ich kürzlich bei einem Opernbesuch denken.
Wenn die Kinder dann im Bett und deren Eltern wieder daheim sind, werfe ich oft noch einen Blick in die Zimmer der Buben. Dabei kommt mir manchmal eine Liedzeile von Reinhard Mey in den Sinn: „Abends an deinem Bett / zerrinnt das Wichtige zur Nichtigkeit. / Ratlos und voller Dankbarkeit / stehʼ ich vor dir und ich empfindʼ / etwas wie Demut, mein Kind.“
Es tut gut, wenn die eigenen Sorgen immer wieder auf so sanfte Art zurechtgerückt werden und ich erkennen darf, dass ich meinen ganz unverwechselbaren Platz in dieser Welt habe. So wie meine Neffen – und Mozart.
Josef Promitzer ist Theologe und Humorbotschafter.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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