Wenn die Schule fehlt

Homeschooling sollte anders aussehen. In Ländern wie dem Südsudan fehlen dem Großteil der Kinder die technischen Voraussetzungen für 
Fernunterricht. Auch Esther (im Bild mit ihren kleineren Geschwistern) ist seit Corona mit Hausarbeit beschäftigt anstatt mit Lernen. | Foto: Caritas
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  • Homeschooling sollte anders aussehen. In Ländern wie dem Südsudan fehlen dem Großteil der Kinder die technischen Voraussetzungen für
    Fernunterricht. Auch Esther (im Bild mit ihren kleineren Geschwistern) ist seit Corona mit Hausarbeit beschäftigt anstatt mit Lernen.
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Der Welttag der Bildung am 24. Jänner zeigt: Bildung ist der Schlüssel für nachhaltige Entwicklung. Heuer wünschen sich viele rund um den Erdball den Schulalltag zurück.

Jaaa!“ Wenn er gefragt wird, ob er gern zur Schule geht, leuchten Jermaines Augen. Erst im September fing für den Buben aus Graz der viel zitierte Ernst des Lebens an. Gleich vom ersten Tag an fühlte sich der Siebenjährige in der Schule pudelwohl – doch leider nur für wenige Wochen. Denn seit Oktober ist auch für Erstklässler alles anders. „Wir haben jetzt kein Fußball mehr und auch kein Erlebnisturnen“, erzählt Jermaine. „Wegen Corona. Das ist echt traurig.“

1,5 Milliarden SchülerInnen daheim
Den ganz normalen Schulalltag vermissen nicht nur SchülerInnen in Österreich. „Im April, als die Corona-Pandemie den Höhepunkt erreichte, waren 1,5 Milliarden junger Menschen in 194 Ländern von Schulschließungen betroffen“, weiß Audrey Azoulay von der Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen. Unglaubliche 1500 Millionen Kinder und Jugendliche haben seitdem keinen Schulalltag mehr, wie sie ihn kennen.
Wie in allen Krisen, so haben es sozial Benachteiligte besonders schwer. Schon Jahre vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie führte das die Ebola-Epidemie vor Augen, die 1976 erstmals auftrat und 2018 im Kongo und in Uganda ihren zweitschwersten Verlauf hatte.

Genau dort, im Osten Afrikas, lebt in einem kleinen Dorf die sechzehnjährige Esther. Ihre Heimat Südsudan gilt als das viertärmste Land der Welt. In keinem anderen Staat sterben mehr Mütter bei der Geburt, und der tägliche Schulbesuch war schon lange vor Corona alles andere als selbstverständlich. Dass „Homeschooling“ und Fernunterricht mittels Internet in Ländern wie dem Südsudan längst nicht für alle möglich sind, liegt auf der Hand. Aktuell haben am afrikanischen Kontinent nur 40 Prozent der Menschen einen Internet-Zugang. Noch schlechter ist die Situation für Menschen südlich der Sahara. Mehr als 85 Prozent der Haushalte dort haben keine Internet-Verbindung, und 89 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Süden Afrikas haben außerhalb der Schule keinen Zugang zu Computern.

Bildungsferne ist weiblich
Auch für Esther scheint die Anschaffung eines Laptops für den Fernunterricht unmöglich. Nachdem ihr Vater Covid-bedingt die Arbeit verloren hat, lebt die Familie von dem, was die Mutter am Gemüsemarkt verkauft. Als älteste Tochter kümmert Esther sich um den Haushalt und passt auf die Geschwister auf. „Derzeit kann ich meine Ausbildung nicht fortsetzen“, erzählt die Schülerin. „Wann die Schule wieder öffnet und ob das Schuljahr mir dann angerechnet wird, kann ich nicht sagen.“

Schon vor der Covid-19-Krise waren Mädchen und junge Frauen wie Esther weitaus stärker von Schulabbruch betroffen als Buben. Wenn die Armut so groß ist, dass Eltern ihre Töchter nicht mehr ernähren können, erscheint manchen als einziger Ausweg nur mehr die Versorgung durch einen Ehemann. Doch fehlende Bildungsabschlüsse, Ehen im Kindesalter und frühe Mutterschaft bedeuten neben Gesundheitseinbußen oft lebenslang den Verlust von Selbstbestimmung über Familienplanung und Beruf. Umgekehrt bilden Schul- und Bildungsabschlüsse die Basis für ein würdevolles, unabhängiges Leben. Und das verdienen Kinder im Südsudan ebenso wie Schülerinnen und Schüler in der Steiermark.

Anna Maria Steiner

„Bildung einläuten!“ Mit einer Glockenläuten-Kampagne rund um den 24. Jänner setzt die Caritas ein hörbares Zeichen, im Radio und auf www.facebook.com/CaritasSteiermark, um auf dramatische Bildungs-Situationen aufmerksam zu machen.

Homeschooling sollte anders aussehen. In Ländern wie dem Südsudan fehlen dem Großteil der Kinder die technischen Voraussetzungen für 
Fernunterricht. Auch Esther (im Bild mit ihren kleineren Geschwistern) ist seit Corona mit Hausarbeit beschäftigt anstatt mit Lernen. | Foto: Caritas
Im Caritas-Kinderheim nahe Temeswar in Rumänien wird seit Corona im Essraum gelernt, denn nur dort ist die Internetverbindung stabil genug. | Foto: Caritas
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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