Gott in Frankreich | Teil 06
Nicht nur Aznavour, Djorkaeff und Prost

Für viele Armenier bildet ihre Kirche in Paris einen wichtigen Mittelpunkt im Gemeinschaftsleben. | Foto:  Breser
  • Für viele Armenier bildet ihre Kirche in Paris einen wichtigen Mittelpunkt im Gemeinschaftsleben.
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Sie steht nicht weit entfernt von den Mode-Designerläden rund um die Pariser Prachtstraße „Avenue des Champs Elysées“ – 
versteckt in einer unscheinbaren Gasse, zwischen zwei Häuser gezwängt: die Pariser armenisch-apostolische Kirche. Die Mitglieder dieser christlichen altorientalischen Glaubensgemeinschaft erleben heuer ein besonderes Jahr: Frankreich feiert Armenien.

Unter dem Motto „Armenien – meine Freundin“ hat Noch-Staatspräsident Jacques Chirac das Jahr 2007 zum „Armenien-Jahr“ erklärt. Bis Ende Juli erinnern mehr als 600 kulturelle Veranstaltungen in ganz Frankreich an die besonderen Beziehungen zu diesem Land. Die guten Verbindungen zwischen Frankreich und dem heute zu einer winzigen Kaukasusrepu­blik geschrumpften armenischen Staat reichen bis in die Kreuzfahrerzeit zurück. Immer wieder gab man einander Unterstützung.

Heute lebt in Frankreich mit fast einer halben Million Armeniern die, nach Russland, zweitgrößte armenische Minderheit Europas. Es wimmelt von bekannten Franzosen armenischen Ursprungs: Modeschöpfer Alain Manoukian, Fußballer Youri Djorkaeff, Sänger Charles Aznavour oder der ehemalige Formel-1-Weltmeister Alain Prost. Nicht verwunderlich ist es daher, dass sich Frankreich auch international für armenische Belange einsetzt: im Jahr 2001 mit der Anerkennung des armenischen Völkermordes und 2006 mit einem Gesetz, das dessen Leugnung unter Strafe stellt.

Deportation

Die Armenier, die wie kaum ein anderes Volk eine Geschichte der Unterdrückung und der Verfolgung hinter sich haben, erlebten in den vergangenen zweitausend Jahren nur kurze Phasen staatlicher Selbstständigkeit. Höhepunkt der Verfolgungen waren die Jahre 1915 bis 1917, als das türkische Regime fast die gesamte armenische Bevölkerung Anatoliens in die mesopotamische Wüste deportierte. Zwischen 600.000 und über einer Million Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Erst seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 gibt es eine freie und unabhängige, aber noch keine stabile armenische Republik. Mehr als die Hälfte der rund acht Millionen Armenier lebt heute in der Diaspora.

 

Sakrale Kunst

„Die Kultur hat unserem Volk immer wieder geholfen, sich zu vereinigen und zu überleben. Sie konnte nicht aus unserem Blut, unseren Köpfen, unseren Herzen beseitigt werden. Sie hat uns 
Freiheit gegeben“, betont Anelka Grigorian, Direktorin des Nationalmuseums in Jerevan, der Hauptstadt Armeniens. Wesentliche Bestandteile armenischer Kultur sind die armenische Sprache mit ihrem eigenen Alphabet und die christliche Religion. Für Armenier, die sich als das älteste christliche Volk der Welt bezeichnen (der Legende nach hat König Trdat im Jahre 301 das Christentum in Armenien zur Staatsreligion erhoben), sind das Christentum und die christliche Kunst bis heute eine Stütze ihrer Identität.

Zu den Höhepunkten des französischen Kulturjahres gehört daher auch die Ausstellung „Armenia Sacra“ im Pariser Louvre. 200 armenische Sakralschätze, darunter Manu­skripte und Skulpturen, decken vor allem das 4. bis 8. Jahrhundert ab. Hauptattraktion der Ausstellung sind die mehr als 30 geschnitzten und für Armenien charakteristischen Kreuzsteine („Khatchkare“).

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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